Montag, 12. Oktober 2020

Wie lässt sich der Hunger in der Welt heute und in Zukunft sinnvoll bekämpfen? - Mit dieser Frage beschäftigte sich Valentin Thurn in seinem Kinofilm „10 Milliarden“

2011 löste der Filmemacher und Bestsellerautor Valentin Thurn mit seinem Dokumentarfilm „Taste The Waste“ bereits eine Diskussion über die Verschwendung von Nahrungsmitteln aus.
Mit „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ legte er ein weiteres Kapitel nach, das sich explizit der Ernährung der schnell wachsenden Weltbe-völkerung widmete. Und gleich zu Beginn seines Dokumen-tarfilms, der am 22. September im Rahmen der „Fairen Woche“ gezeigt wurde, stellte Thurn eine Rechnung auf, die eine bedrückende Ausgangs-position darstellte: Im Laufe des Jahrhunderts wird nämlich die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden anwachsen. Bisher hat jeder Sechste auf diesem Planeten zu wenig zu essen. Bei zehn Milliarden wird es jeder Dritte sein. Wie also kann man dieses Problem in den Griff kriegen? Und welche Alternativen gibt es, um alle Menschen satt zu bekommen?

Anlässlich der „Fairen Woche“ 
verwandelte sich der Park hinter der vhs Ennepe-Ruhr-Süd zum Open Air-Kino, in dem Jürgen Nestmann die Besucher zu einer ganz besonderen Filmvorführung begrüßte. 

Um herauszufinden, wie die voraussichtlich bald zehn Milliarden Menschen auf der Erde mit den zur Verfügung stehenden knappen Agrarressourcen ernährt werden können, reiste Thurn um die halbe Welt. In verschiedensten Regionen untersuchte er dabei detailliert, wie die Visionen derzeitiger Nahrungsmittel-erzeuger aussehen, wenn sie sich mit den oben gestellten Fragen beschäftigen. 
In Indiens größter Geflügelfabrik, Suguna Chicken, fing seine Kamera ein, wie pro Woche sieben Millionen Hühnchen auf ziemlich rabiate Art gehäutet wurden; in Thailand kostete er proteinreiche Insekten; in Deutschland besuchte er Ökobauern und die Labore von Bayer Crop Science; in Holland filmte er den Wissenschaftler Mark Post dabei, wie dieser einen von ihm selbst gezüchteten künstlichen Hamburger – Kosten: etwa 250.000 Euro – briet und verspeiste; und in Mosambik ließ er einen US-Farmer von den Segnungen seiner 10.000 Hektar großen Sojafarm schwärmen, auf der Futter für die Massentierhaltung der reichen Länder wächst. 
Geschickt kontrastierte der Filmemacher zwei widerstreitende Produktionsmodelle: Auf der einen Seite die Agrarindustrie mit ihren Laboren, den Gen- und Hybridsaaten und dem Versprechen, dass nur eine hochproduktive, hochtechnisierte Landwirtschaft in großem Maßstab die Welternährung künftig sichern könne. Auf der anderen Seite die alternativen Ansätze – für Valentin Thurn am zukunftsträchtigsten – deren Vertreter fürchten, dass die Massenproduktion ihre eigenen Grundlagen zerstört und überdies vor allem die Reichen versorgt. Denn sie setzen auf kleinbäuerliche Selbstständigkeit, städtischen Selbstanbau und Direktvermarktung. 

Nach gut zwei Stunden wurde einem deutlich, dass Thurn die Lösung nicht in der Globalisierung der Nahrungsmittelerzeugung sieht, sondern vielmehr in ihrer Regionalisierung. Und dies unterstrich er besonders durch seine Bilder und Eindrücke aus Afrika. Sein Anliegen, die Menschheit auf das Ernährungs-problem hinzuweisen, wurde somit in Bild und Text deutlich. Und die Bedeutung des Themas an sich rechtfertigte letztlich dann auch eine solch ausführliche Darstellung des Problems. 
Auch wenn sich Valentin Thurn, wie schon bei „Taste The Waste“ auch in diesem Film parallel mit seiner eigenen Webseite als Akti-vist outete, so war es ein handwerk-lich gut gemachter Film, der sich seinen Fragen ernsthaft stellte und beim Zuschauer einen Anstoß zum Nachdenken gab. 
Diese Veranstaltung wurde gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!". André Sicks