Dr.
Rainer Putz forschte ab 1992 drei Jahre für die
Max-Planck-Gesellschaft in den Regenwäldern Amazoniens zum Thema
„Die Nahrungsketten im Amazonas und seinen Nebenflüssen".
1998 gründete er dann zusammen mit acht anderen Wissenschaftlern das
Regenwald-Institut in Freiburg. Hier verbinden sich die Bereiche
Agrartechnologie, Biologie, Informatik und Medizin. Das Institut
versucht mit innovativen, wissenschaftlich fundierten und
nachhaltigen Projekten die Ursachen der Regenwaldvernichtung zu
bekämpfen und verwendet dabei interdisziplinäre Ansätze. Anlässlich
der „Fairen Woche“, die von den Weltläden aus Gevels-berg und
Ennepetal, gemeinsam mit der vhs Ennepe-Ruhr-Süd und dem filmriss
Kino organisiert wurde, referierte der Diplom-biologe am 17. September
2020 zum Thema „Global Player Regenwald“ und machte dabei auch
auf die Folgen deutlich, die eine zunehmende Zerstörung der grünen
Lunge Südamerikas mit sich bringt. Eine
Veranstaltung, die mittels einer finanziellen Unterstützung durch
das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert wurde.
Gleich zu Beginn seiner Ausführun-gen merkte er an, dass der Amazo-nas der wasser-reichste und zweit-längste Fluss der Welt nach dem Nil ist. Die dortigen Bewohner seien bestrebt, im Re-genwald zu leben und auch ihr Auskommen dort zu finden. Doch dies würde ihnen gegenwärtig nicht gerade leicht gemacht. Denn die aktuelle brasilianische Regierung sieht in den Wäldern nur das enorme wirtschaftliche Potenzial. Der Wald und die Indianer haben für sie keinen ökonomischen Wert. Darum müsse, so schilderte Dr. Rainer Putz, die Weltgemeinschaft den verantwortlichen brasilianischen Politikern auch klar machen, dass die Regenwälder am Amazonas aufgrund ihrer Eigenschaften ein Welterbe darstellen, welches für den gesamten Planeten von existenzieller Wichtigkeit ist. Im globalen Klimageschehen sind sie wichtige Akteure, da sie eine gigantische Klimamaschine verkörpern, die durch den permanenten Wechsel von Verdunstung und Niederschlag sogar das Wetter in Mitteleuropa beeinflusst. Sind die Regenwälder jedoch eines Tages durch eine immer weiter fortschreitende Zerstör-ung zur Gewinnung von Anbauflächen für Soja und Palmöl verschwunden, so hat dies – aus menschlicher Sicht gesehen – gravierende Konse-quenzen und auch das Weltklima gerät komplett aus den Fugen. Nichts wird dann mehr so sein für uns wie bisher. „Unsere Lebensgrundlagen – Wasserversorgung, Landwirt-schaft, Wetter – alles, was für uns Menschen heute selbstverständlich und angenehm ist, wird sich dramatisch zu unseren Ungunsten verändern.“ Es würden sehr schnell existenzielle Probleme aufkommen, deren Folge am Ende riesige Migrationsströme wären.
Für
Dr. Rainer Putz selbst liegt die Faszination der Regenwälder vor
allem in ihrer Größe und der ungezähmten Wildnis und
Ursprünglichkeit. Aber auch in der durchdringenden feuchten Hitze
und den oftmals unglaublichen Naturschauspielen, die sich dort
beobachten lassen. Dreiviertel aller Tier- und Pflanzenarten kommen
dort vor und immer wieder werden neue Arten entdeckt. Unter
Betrachtung jener vielfältigen Fauna und Flora und deren
Wechselwirkung wies er auf den Fischreichtum hin, der 3.000 Arten
umfasse. „Fische sind bei Überschwemmungen auf die Blätter der
Bäume angewiesen, die ihnen die Nährstoffe liefern, die sie um
Überleben brauchen.“
Und
wenn das alles nicht mehr existiert, der Kipppunkt von 40 Prozent
erreicht sei, dann ist das Ökosystem nicht mehr in der Lage, sich
selbst zu erhalten. Was aber kann jeder tun? Möglichkeiten sind zum
Beispiel eine Reduzierung seines eigenen Fleischkonsums, die
Vermeidung von Produkten mit Palmöl und eine insgesamt kritische
Hinterfragung seine alltäglichen Konsums. „Wenn man sarkastisch
sein will, essen wir nämlich mit jedem Billigschnitzel aus dem
Discounter ein Stück Regenwald auf.“
Blieb
am Ende noch die Frage, ob der Mensch es schaffe, die
Lebensbedingungen für sich auf der Welt zu erhalten. Die Antwort des
Biologen darauf: „Die Erde braucht uns nicht, aber wir brauchen
sie.“ Wenn es aber so weiter geht wie bisher, dann ist rasch
absehbar, dass wir unseren Planeten und letztlich uns selbst an die
Wand fahren. André Sicks