„Ich
wusste nichts über Mode“, erzählte der Dokumentarfilmer Andrew
Morgan zu Beginn seines Films „The True Cost –
Der
Preis der Mode“.
„Ich hatte nur ein paar Fragen“, hörte man ihn aus dem Off
sagen. „Doch was ich entdeckte, hat meine Denkweise über Mode für
immer verändert, und ich hoffe, das tut es bei Ihnen auch.“
Es
gibt wohl kaum einen Markt, bei dem Schein und Realität so weit
auseinander liegen wie bei der Bekleidungsindustrie. Auf der einen
Seite gibt es Modeschauen mit Starmodels und rotem Teppich, auf der
anderen Seite wird die Kleidung zumeist unter sklavenähnlichen
Bedingungen in sogenannten Drittewelt-ländern produziert. Darum wird
die Ausbeutungskette, die hinter jedem einzelnen Kleidungsstück
steckt, hinter der Glamourwelt der Modeindustrie unsichtbar.
Während Damian Stronczik (rechts) von der Fach- und Koordinierungsstelle für „Demokratie leben!" und Hauptorganisator Jürgen Nestmann die Zuschauer im Park hinter der vhs Ennepe-Ruhr-Süd begrüßten,
bereitete das Team vom filmriss Kino alles für die Open Air-Vorführung vor.
Als
2013 die Textil-fabrik Rana Plaza in Bangladesch einstürzte, über
tausend Arbeiter-innen unter Trüm-mern begrub und mehr als zweitau-send
Schwerver-letzte hinterließ, sah es für einen Moment so aus, als
bräche nun die mediale Empörung über die katastrophalen
Produktionsbedingungen der globalisierten Modeindustrie den schönen
Schein, der einen hindert, die schmutzigen Praktiken des Systems Fast
Fashion wahrzunehmen. Die Mitleidsauf-wallung währte jedoch nur einen
Wimpernschlag und seither sind noch mehr Markenzentren mit immer
neuen Style-Angeboten zu Billigpreisen rund ums Jahr hinzugekommen.
Wenn
die Menschen zum Beispiel in Deutschland Monat für Monat neue
günstige T-Shirts und Partyklamotten kaufen, hat das globale
Auswirkungen. Der Mehrkonsum drückt nicht nur die Preise, er
vergrößert die Müllberge, intensiviert die Landwirtschaft,
verdammt Millionen von Fabrikarbeiterinnen in Asien zu einem Leben in
Armut und Not. Der amerikanische Dokumentarfilmer Andrew Morgan
stellte mit seinem Film dieses oft unreflektierte Konsumverhalten in
der westlichen Welt in einen direkten Zusammenhang mit dem Elend am
Anfang der Produktionskette. Seine aufrüttelnde Dokumentation
bestach durch drastische Bilder und eine kluge Argumentation.
Morgan
porträtier-te die bengalische Näherin Shima, die für eine bes-sere
Zukunft ihres Kindes schuftet. Der Preis dafür: Sie kann ihre
Tochter nur zwei Mal im Jahr sehen. „The True Cost“ zeigte,
welche Auswüchse das globalisierte Wirtschaftssystem hat: ätzende
gerbstoffverseuchte Flüsse, ausgelaugte, vergiftete Böden, auf
denen keine Baumwolle mehr wächst, Gensaatgut, verschuldete
Kleinbäuer*innen die in den Selbstmord getrieben werden, Mütter,
deren Kinder schon krank auf die Welt kommen. Als krassen Kontrast
dazu zeigte der Regisseur gigantische Shoppingmeilen unter dem Stern
der „Fast Fashion“ – der „schnellen Mode“ von Primark, H&M
und Co. Hinzu präsentierten sich dann auch noch jene, die sich in
dieser Debatte immer wieder zu Wort melden. Designerin Stella
McCartney ist so jemand. Seit Jahren setzt sie mit ihrer eigenen
Modelinie auf nachhaltige Kleidungsstücke und tritt für faire
Bedingungen in der Textilproduktion ein. Gleiche Töne hörte man
auch von Livia Firth, die sich ebenfalls seit Jahren für ökologische
Produkte stark macht.
Eine
Veranstaltung, die am 19. September während der „Fairen Woche
2020“ stattfand und vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend im Rahmen des Bundes-programms „Demokratie leben!"
gefördert wurde. André Sicks