Mittwoch, 14. Oktober 2020

Biogas to Go - Katrin Pütz macht im wahrsten Sinne des Wortes Scheiße zu Gold bzw. Geld

Im Verlaufe ihres Studiums der Agrartechnik in Hohenheim befasste sich Katrin Pütz mit dem Thema „Biogas“ und erkannte das Potential dieser Technologie für die Länder des Globalen Südens.
Daraus entwickelte sie dann eine innovative Methode, die Menschen in ärmeren Gegenden die Produktion von Biogas ermöglichte.

Am Rande der Veranstaltung hatten auch diesmal wieder die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen der Weltläden in Gevelsberg und Ennepetal einen Stand eingerichtet, 
an dem man zahlreiche faire Produkte erwerben konnte. 

In den vergangenen Jahren hat die ZukunftsMacherin mit ihrem Biogasrucksack und ihrem Social Business (B)energy weltweit auf sich und ihr Geschäftsmodell aufmerksam gemacht. Seit der Gründung ihrer Firma bietet sie eine Kombination aus einfacher Biogasproduktions- und -transporttechnik an sowie ein Geschäftsmodell, mit dem für die Kunden Biogas in ärmeren Ländern zu einer wahren Alternative zu holzbasierter Kochenergie und einer Verdienstmöglichkeit wird. „Ziel ist die Ermöglichung des Zugangs zu sauberer und lukrativer Kochenergie, statt wie bisher auf offenen Holz- und Holzkohlefeuern zu kochen“, berichtete Frau Pütz am 24. September bei ihrem Vortrag „Biogas für Afrika“ anlässlich der „Fairen Woche“. Eine Veranstaltung, die
vom Bundes-ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!" gefördert wurde. 

In weiten Teilen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas ist Holz die einzige Energiequelle für das tägliche Kochen, welches durch seine Verbrennung sowohl die Menschen wie auch die Umwelt stark belastet. Der Ruß belastet die Küchen und das schwere und zeitaufwändige Holzsammeln ist besonders für Frauen eine starke gesundheitliche Belastung, berichtete Katrin Pütz. Dank der von ihr erfundenen Biogasanlage können Millionen von Frauen nun ihr Essen ohne Luftverschmutzung zubereiten. Zudem müssen sie nicht mehr stundenlang Feuerholz suchen und schleppen, wodurch möglicherweise die letzten wichtigen Buschregionen und Wälder vor dem Abholzen bewahrt werden können. 
Wie funktioniert nun aber diese Technologie? Das Herzstück der Biogasanlage ist ein sechs Meter langer Schlauch aus Kunststoff, der täglich mit bis zu 60 Litern Wasser und der gleichen Menge organischem Substrat, also Dung oder Biomüll, gefüttert wird. Während der anschließenden Fermentierung, die durch Sonneneinstrahlung beschleunigt wird, entsteht am Ende das Biogas – bis zu drei Kubikmeter pro Tag. Über einen weiteren Schlauch kann dieses nun in den Rucksack gefüllt, direkt mit einem Gaskocher verbunden oder weiterverkauft werden. 

Während ihres Vortrages ging Katrin Pütz aber auch explizit auf die Lebenssituation der Men-schen in den ärmeren und entlegeneren Ländern ein. Das falsche Verständnis der, wie sie sagte, „hellen Welt“ gegenüber der „dunklen Welt“ rufe immer wieder zahlreiche Hilfsorgani-sationen auf den Plan. Ebenso wenig wie mit finanzieller Entwicklungshilfe, die oft an der falschen Adresse landet, wird den Menschen dadurch gehol-fen, dass sie, so Katrin Pütz, zum Beispiel verbesserte Kachelöfen geschenkt bekommen. Statt immer nur Hilfen anzunehmen, sollten nach ihren Worten die Menschen selbst was tun können. Deshalb vertreibt sie über ihr Start-up eben jene mobile Biogastechnik – bestehend aus Biogassackanlage, Biogasrucksack und Biogasbrenner – auch nur an lokale Geschäftspartner*innen mit dem Ziel, dass
besonders die Menschen, die aktuell aufgrund ihrer Armut völlig unwürdig behandelt werden, durch den Zugang zu diesen Möglichkeiten ihre Situation selbst ändern können.


Zum Ende ihres Vortrags "Biogas für Afrika" demonstrierte Katrin Pütz den Anwesenden noch ihren Biogasrucksack, 
durch den sich binnen kürzester Zeit Gaskocher anzünden lassen. 

Hilfsgelder, Spenden oder Förderungen werden dabei konsequent ausgeschlossen – (B)energy arbeitet in Eigenverantwortung. Das bedeutet: Importeure bringen die Technik ins Land, verkaufen sie weiter an selbständige Installateure, diese wiederum bedienen die Endkunden, die letztlich das Biogas produzieren, nutzen und verkaufen. Aktuell entwickelt sie eine App, über die Installateure vor Ort neue Kunden werben und Unterstützung bei Installation, Wartung sowie bei sonstigen Fragen zum System, zur Technik und ihrem Geschäft bekommen können. So entsteht am Ende ein lokales Wirtschaftssystem, bei dem durch Hilfe zur Selbsthilfe alle Beteiligten in gewisser Weise zu Gewinnern werden, die mit und für saubere, umweltfreundliche und ressourcenschonende Kochenergie arbeiten. Und damit diese Idee immer mehr Verbreitung findet, kann sich dort Jede/r mit seinem Know How als (B)angel engagieren. André Sicks