So
manch ein*e Teilnehmer*in kam am Samstagnachmittag beim Gevelsberger
Stadtrundgang mit Jürgen Taake aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Bei einem gut zweistündigen, gemütlichen Spaziergang erfuhr man so
einiges über die
Geschichte Engelberts und das Kloster im Dorf, lauschte interessanten
Anekdoten aus den drei Partnerstädten und erfuhr ein wenig über die
Entwicklung der Innenstadt sowie die Gevelsberger Kirmes. Kurz
gesagt: Die Teilnehmenden erlebten im wahrsten Sinne des Wortes eine
Zeitreise durch 800 Jahre Geschichte.
Historie und Moderne
Ausgangspunkt
der Zeitreise war der Butera-Platz vor der vhs Ennepe-Ruhr-Süd, wo
Jürgen Taake die Teilnehmer begrüßte. Hier berichtete er ihnen
zunächst, wie sich die Mittelstraße seit der Stadtgründung 1868
entwickelt hat und warum Gevelsberg nicht Mylinghausen heißt. Auf
dem Weg in die Rosendahler Straße mach-ten die Gäste eine erste
Bekannt-schaft mit Engelbert, nach dem sowohl die Kirche als auch der
Tunnel benannt ist. Warum der 2007 ausgerechnet am 7. November
eröffnet wurde, verriet der Gästeführer noch nicht. Durch die
Schultenstraße über den evangelischen Friedhof ging es zur
Kirmesmauer in der Lindengrabenstraße.
Dass
es dort abseits der Durchgangsstraßen noch eine stattliche Anzahl an
schönen und alten, teilweise unter Denkmalschutz stehenden Häuser
gab, damit hatte irgendwie keiner gerechnet. Da war zum Beispiel das
Haus Elberfelder Straße 45. Dieses um 1780/90 erbaute
Stiftsamtmannshaus galt lange Zeit als das schönste Haus in
Gevelsberg. Es diente viele Jahre unter anderem der Familie Bertram
als Wohnsitz. Das Haus Elberfelder Straße 41 wurde um 1780 von der
Familie Schüren gebaut und als Gaststätte (Stiftsgasthof)
betrieben. Später wurde es an die Familie Saure verkauft, die hier
nach Erhalt der Brennrechte im Jahre 1888 die Brennerei Elberfelder
Straße 39 errichtete. Heute präsentiert sich das denkmalgeschützte
Schmuckstück alter Industriearchitektur, welches der
Verschönerungsverein Gevelsberg mit großem Respekt umgebaut hat,
stilvoll und gemütlich als ein Ort zum Wohlfühlen und Feiern.
Pest und ein grauenvoller Tod
Genau
gegenüber entstand anlässlich des 700. Todesjahres des Erzbischofs
und Reichverwesers Engelbert, Graf von Berg, an der Stelle des
zugeschütteten Brandteiches, das von Stadtbaurat Richard Niemeyer
entworfene Engelbert-Denkmal. Und hier trafen die Teilnehmer*innen im
Rahmen ihres Stadtrundgangs sogar auf einen „Zeitzeugen“. Uwe
Schumacher begrüßten die Gruppe als sogenannter Pestdoktor, dessen
damalige Aufgabe es war, den von der Pest befallende Personen
hilfreich zur Seite zu stehen. Die Kleidung eines Pestdoktors
bestand aus einem als Schutz-anzug dienenden gewachsten Stoffmantel,
einer Schnabel-maske mit zwei Augenöffnungen aus Glas, Handschuhen
und einem Stab. So konnte der direkte Kontakt zu den Infizierten
vermieden werden. „Der Schna-bel der Maske war gefüllt mit
Duftstoffen wie Wacholder, Amber, Zitronenmelisse, Grüner Minze,
Kampfer, Gewürznelken, Myrrhe, Rosen oder Styrax. Man glaubte, dies
würde vor der Pest schützen“, berichtete Schumacher. Er
schilderte auch jenen 7. November 1225, als sich Erzbischof Engelbert
I. auf den Weg nach Schwelm machte, um dort eine Kirche zu weihen.
Einen Ort, den er niemals erreichen sollte, da er in einem Hohlweg
bei Gevelsberg ums Leben gebracht wurde. Hier entwickelte sich
zunächst eine Wallfahrtsstelle, bevor etwa 1235 ein
Zisterzienserinnen-Kloster entstand. Bei einem Rundgang durch „das
Dorf“ über den alten Klosterfriedhof – dem heutigen Kirmesplatz
– zu den beiden Äbtissinnen-Häusern erläuterte Jürgen Taake die
Entwicklung dieser Keimzelle der Stadt Gevelsberg. André Sicks