In
Zeiten, in denen das Corona-Virus den Alltag völlig aushebelt hat,
setzte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein Zeichen, um
sich gegenseitig Mut zu machen.
Unter #Balkonsingen rief man in den
sozialen Medien dazu auf, jeden Tag gemeinsam um 19:00 Uhr auf dem
Balkon oder im Garten „Der Mond ist aufgegangen" zu singen.
Eine Aktion die auch bei der ehemaligen
Reformationsbotschafterin und einstigen EKD-Ratsvorsitzenden Margot
Käßmann großen Anklang fand. Denn sie sah in solch einer Aktion
einen
Hoffnungsschimmer und ein Signal der Solidarität, vor allem für
diejenigen, die sich in Tagen von „Social Distancing" alleine
fühlen. Diesen Aufruf las auch Christiane Offermann und er ließ in
ihr rasch die Idee aufkeimen, solch musikalische Aktion auch
innerhalb der Nachbarschaft in die Tat umzusetzen.
Gemeinsam mit ihrem Mann An-dree, der im Po-saunenchor Haß-linghausen die er-ste Stimme spielt, und drei befreun-deten Nachbarn, allesamt Mitglieder der Fidelen Vogel-sanger 2.0, lässt man seit drei Wochen nun schon jeden Abend um 19:00 Uhr in der Ennepestraße musikalisch den Mond aufgehen. Die Herren entlocken ihren Trompeten die Töne und die Geschäftsstellenleiterin der SEG (Sportfreunde Eintracht Gevelsberg e.V. 1877 stellt ihr Gesangstalent unter Beweis. „Alles geschieht natürlich unter Einhaltung der angeordneten Abstandsregeln“, erzählten die Offermanns und zeigten dabei auf die Markierungen, die mit Kreide auf dem Gehsteig gezeichnet wurden.
Die Aktion der Gevelsberger Nachbarschaft hat sich mittlerweile rumgesprochen.
Sogar die Lokführer der Bahn zeigen sich jeden Abend solidarisch mit den
Bewohnern der Ennepestraße.
Kurz bevor sie an die Straßenmündung
heranfahren, lassen sie bereits ihr Signal laut ertönen.
Und zum Dank gibt es
stets ein lautes Tröten der Musiker und freudiges Winken zurück.
Singen
und Musizieren in der Gemeinschaft stärkt und ermutigt; es zeigt,
wie Bürger*innen in einer solchen Krisenzeit, die mit Überleben und
Tod verbunden ist, zusammenstehen. Zwar auf räumlicher Distanz –
auf einer Entfernung von mindestens 1,5 Metern im Freien oder am
Fenster sowie auf dem Balkon – innerlich jedoch sehr eng verbunden.
Insbesondere das Lied „Der Mond ist aufgegangen" erinnert
daran, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern dass es ein
Leben in aller Fülle gibt. Und die letzte Strophe des Abendliedes
mit dem Text von Matthias Claudius aus dem Jahr 1779 bewegt
besonders. Darin heißt es nämlich: „Verschon uns, Gott, mit
Strafen und lass uns ruhig schlafen. Und unsern kranken Nachbarn
auch!"
Dem aber nicht genug, als Zugabe spielen die „En-nepe-Tröter“, wie man sich mittler-weile nennt, auch noch die „Ode an die Freude“ – das Finalwerk aus Beethovens 9. Symphonie, die Hymne Europas. Und, so verriet Christiane Offermann, in Kürze will man sogar auch noch das „Steigerlied“ anstimmen.
Solch ein starker Zusammenhalt und solch eine Solidaritätsaktion
verdienen
jede Menge Applaus. Wie auch all jene Helden,
die
derzeit in Krankenhäusern und Pflegeheimen, im Sanitätsdienst oder
im Supermarkt ohne Pause im Dauereinsatz sind. „Diesen symbolischen
Beifall spenden wir hier bei uns in der Ennepestraße um 21:00 Uhr
natürlich auch“, sagte Christiane Offermann abschließend. André Sicks