Montag, 3. Januar 2022

Ein kleiner Rabe, ein Puppenspieler und ihre Gemeinsamkeiten

Wann immer im filmriss Kino ein Figurentheater auf dem Programm steht, am Ende gibt es stets riesigen Applaus und jede Menge strahlender Kinderaugen.
Kein Wunder, da die dargebotenen Stücke die Kinder nicht nur berühren, sie machen ihnen auch Mut, stärken sie und bieten ihnen die Möglichkeit neue ästhetische Erfahrungen zu sammeln. „Als Pupenspieler möchte man mit einem Stück die Sinne der kleinen Zuschauer schärfen sowie deren Vorstellungskraft und Fantasie aktivieren“ erklärte Rudi Strauch vom „Puppentheater Drehwurm“. Gemeinsam mit dem kleinen Raben Socke und dessen Freunden war der aus Hürth kommende Theaterwissenschaftler und Puppenspieler im Dezember zu Gast in Gevelsberg, um den Zuschauern eine funkelschöne Geschichte rund um Weihnachten zu erzählen. 
In dem Stück „Der kleine Rabe SockeAlles gebacken“, nach dem beliebten Kinderbuch von Nele Moost und Annet Rudolph, ging es um den frechen Vogel mit der Ringelsocke, der einen Tag vor Heiligabend immer noch keinen Wunschzettel an den Weihnachts-mann geschrieben hatte. Dabei wünschte sich das schwarze Federvieh doch ganz viele Sachen. Nur irgendwie hatte Socke so viel zu tun, dass er vergaß, seinen Brief überhaupt abzuschicken. Egal was er stattdessen auch anstellte, am Ende stellte der Rabe fest, Helfen macht doch viel mehr Spaß und Geschenke sind im Grunde nebensächlich. Der kleine Rabe; er hatte also sein Herz auf dem rechten Fleck sitzen. 

Mit dieser Vorstellung erweckte Rudi Strauch, mittels seinem Humor, seiner Spontanität und seiner persönlichen Liebe für das Puppenspiel, ein vorletztes Mal die lustigen Figuren zum Leben. Nach 20 Jahren sollte das „Puppentheater Drehwurm“ nun nämlich seinen Spielbetrieb einstellen. „Morgen öffnet sich noch einmal in Köln der Vorhang, dann fällt er für immer“, sagte der 67-jährige und ließ seinen Blick dabei in Richtung Bühne schweifen, wo Socke, Eddy-Bär, Frau Dachs und die beiden Eichhörmchen stillschweigend unterm Weihnachtsbaum saßen. Es wäre keine leichte Entscheidung gewesen, diesen Schritt zu gehen, doch die letzten beiden Jahren „sind auch an mir nicht spurlos vorbei gegangen“, sagte er. Die Pandemie hätte die freischaffenden Theaterleute wie ein Blitz getroffen und­ „legte von heute auf morgen unseren gesamten Berufszweig lahm“. Die Hoffnung, dass nach ein paar Monaten innehalten, alles wieder normal würde, wurde bekanntermaßen jedoch enttäuscht. Und solch eine Lähmung des kulturellen Lebens war für Strauch ein unerträglicher Zustand, da die eigentliche ­Arbeit nicht stattfinden konnte, man nicht auf die Bühne durfte und es überhaupt keinen Platz für Kreativität, Phantasie und den Zauber des Theaters gab. Dabei liebte er es, seine Zuschauer immer wieder aufs Neue in eine Welt zu entführen, bei der man rasch nur noch die Handlung und ihre Figuren wahrnahm und nicht „die Person die im Hintergrund als Erzähler oder Moderator fungierte“.

Als freischaffender Künstler tourte Rudi Strauch erfolgreich mit seinem mobilen Figurentheater „Puppentheater Drehwurm" durchs Land und ließ dabei unter anderem mit dem kleinen Raben Socke und dessen Freunde so manches Kinderherz höher schlagen. 

Wenn er sich an seine Anfänge zurück erinnere, dann denke er glücklich an den Augenblick zurück. als er das Puppentheater für sich entdeckte. Es sei „jener Moment“ gewesen, als er sich mit seinen Kindern „in unserem Kulturzentrum eine gute Puppenspiel-Produktion“ angesehen habe und im nahen Einkaufszentrum auch noch anspruchsvolle Puppenspielwochen angeboten wurden. „Für mich tat sich dadurch eine faszinierende Welt auf, in der ich bis heute an jedem Tag etwas Neues entdeckte.“ In seinem Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft sei Puppentheater damals nicht vorgekommen und auch in dicken Theatergeschichtsbüchern suchte man vergeblich. Da ihn diese Kunst aber nicht mehr los ließ, „habe ich mich entschlossen, selbst Puppenspieler zu werden und meine Begeisterung als Hochschullehrer und Kursleiter zu teilen“. Mittlerweile bestünde jedoch die Möglichkeit, diese einzigartige Kunst in Berlin und Stuttgart zu studieren oder an spezialisierten Bildungsstätten wie in Bochum und Warmsen zu erlernen. 
Was nach wie vor besonders sei, so erklärte Strauch, dass sei die unerschöpfliche Vielfalt an Produktionen. Auch wenn er selbst nun in den Ruhestand ginge, was bleibt dass wären seine Figuren und Stücke, die an anderer Stelle mit Sicherheit wieder auftauchen. „Sie werden nicht eingemottet, sie kommen in gute Hände“, sagte er und dankte dem gesamten filmriss-Team für eine gute Zusammenarbeit. „Was hier für Kinder an Figurentheater geboten wird, das sucht vielerorts seines Gleichen“, so Strauch abschließend.

Ein letzter Blick vom Raben Socke ins Publikum und dann schloss sich nach zwei Jahrzehnten endgültig der Vorhang vom „Puppentheater Drehwurm“. 

Ein Satz, der Klaus Fiukowski erfreute, da auch in diesem Jahr wieder viele schöne Stücke für seine kleinen Besucher auf dem Programm stehen.
Und den Anfang macht am 30. Januar um 11:00 Uhr das Figurentheater „Papperlapupp“ mit Hans Christian Andersens „Die Schneekönigin“. Ein märchenhafter Kosmos um die erlösende Kraft von Liebe und Freundschaft. Die vom Kölner Kindertheaterkomponist und -autor Martin Heim liebevoll in Szene gesetzte Inszenierung, besticht vor allem mit einem großartigen Bühnenbild und mit ihren, aus der Werkstatt der Badener Puppenbauerin Vera Kniss, kunstfertig lebendigen Figuren. „Wir freuen uns, dass wir wieder ein abwechslungsreichen Programm auf die Beine stellen konnten, bei dem mit Sicherheit keinerlei Wünsche offen bleiben“, sagte der Betreiber der Gevelsberger Kulturstätte und verriet, dass sich die kleinen Zuschauer auf „Ben und der kleinste Drache der Welt“, „Briefe von Felix“, „Die zweite Prinzessin“, „Eine Zwiebel für Pippo“, „Swimmy“, „Conni kommt“, „Ludwig und sein Ta-da-da-daaah!“ sowie auf „Der kleinste Engel und sein größter Wunsch“ und zur Weihnachtszeit dann noch auf „Pettersson und Findus - Armer Pettersson“ freuen dürfen.                                                                                
André Sicks