Montag, 24. Januar 2022

Bei der „Stunde der Wintervögel“ zählte jeder Vogel

Vom 6. bis 9. Januar 2022 rief der NABU Ennepe-Ruhr-Kreis zur „Stunde der Wintervögel“ auf.
Eine bundesweite Aktion, bei der Naturfreunde eine Stunde lang die Vögel am Futterhäuschen, im Garten, auf dem Balkon oder im Park zählen und melden sollten. Im Mittelpunkt standen dabei vertraute und oft weit verbreitete Vogelarten wie Meisen, Finken, Rotkehlchen und Spatzen. 
Es sei die größte wissenschaftliche Mit-machaktion Deutsch-lands, bei der mög-lichst viele Menschen gemeinsam große Datenmengen sam-meln und so wichtige Hinweise zur Entwick-lung der heimischen Vogelbestände geben, erklärten der erste Vorsitzende des NABU EN, Pit Städtler, und der Projektkoordinator Ralf Steiner. Allein im vergangenen Jahr zählten 1.126 Vogelfreundinnen und Vogelfreunde in 775 Gärten 24.721 Vögel. Damit hatte sich die Anzahl der Zählenden, der gezählten Vögel und der Gärten, in denen gezählt wurde, gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt! Und den ersten Platz im Kreis belegte die Kohlmeise; die Ränge zwei bis fünf besetzten Blaumeise, Haussperling, Amsel und Ringeltaube. 
In diesem Jahr war die Beteiligung zwar ein wenig geringer, aber nicht minder aufschlussreich. Ausgestattet mit einer Zählhilfe, Porträts der häufigsten Vogelarten sowie Tipps zur Winterfütterung meldeten 630 Vogelfreunde am Ende 14.121 Vögel (davon entfielen 88,24% auf die Kohlmeise) aus 459 Gärten und nahmen die Aktion gleichzeitig zum Anlass, die Natur vor der eigenen Haustür auch einfach mal ein wenig bewusster zu erleben. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Meisenbestände erholt haben. Befürchtungen des NABU, die Meisenkrankheit der vergangenen zwei Jahre, die vor allem Blaumeisen sehr zusetzte, hätte den Bestand nachhaltig geschwächt, konnten somit nicht bestätigt werden.

Im Ennepe-Ruhr-Kreis zählte man bei der „Stunde der Wintervögel“ 1.953 Kohlmeisen, das entspricht 4,25 Vögel pro Garten.  

Bundesweit wurden bei der diesjährigen „Stunde der Wintervögel“ 4.249.409 Vögel von 174.409 Vogelfreunden in 118.647 Gärten gezählt. Und das Ergebnis lässt erkennen, dass wie bereits schon in den Jahren zuvor, auch diesmal wieder der Haussperling die gefiederte Rangliste anführt. Als zweithäufigstes wurden die Kohlmeise gesichtet; es folgen Blaumeise, Amsel und Feldsperling. 

Als typischer Kulturfolger lebt der Haussperling, im Volksmund auch Spatz genannt, schon lange in direkter Nachbarschaft mit den Menschen

Allerdings, so heißt es von Seiten des NABU, sei bei der diesjährigen Zähl-aktion auffällig gewesen, dass vor allem typische Waldarten wie Eichelhäher, Buntspecht und Kernbeißer häufiger beobachtet wurden. Vermutlich seien sie wegen des Wetterumschwungs und vielleicht auch aufgrund einer geringeren Menge an Baumsamen besonders häufig in die Gärten und an die Futterstellen gekommen. Andere Arten, wie Wacholderdrossel, Erlenzeisig oder Schwanzmeise, die ebenfalls als Wintergäste nach Deutschland kommen und häufig in größeren Trupps unterwegs sind, wurden im Vergleich zum Vorjahr indes weniger beobachtet. Was an den Folgen der milderen Winter in den  Brutgebieten dieser Vögel in Nord- und Osteuropa liegen könnte. 

Aber die ermittelten Zahlen täuschen eine gute Lage der Gartenvögel aus. Sieht man sich nämlich den langjährigen Trend an, so ist eine beunruhigende Tendenz zu erkennen“, berichtet Vogelkundler Thomas Griesohn-Pflieger von der AG Ökozelle in Hattingen. Bei sehr vielen Arten zeigt die Bestandskurve auch in den Gärten kontinuierlich nach unten. Was daran liege, dass betonierte und geschotterte Gärten, die zu Grillplätzen verkommen, weder für Menschen noch für Vögel einen guten Lebensraum bieten, sagt er mit Besorgnis. Und diese Entwicklungen müsse man weiterhin im Auge behalten. Es gibt also auch weiterhin noch sehr viel zu tun im Arten- und Naturschutz.                                                     André Sicks