Donnerstag, 25. Januar 2018

Innerlicher Krieg von Holocaustüberlebenden - Jörg Armbruster liest morgen in der VHS aus seinem Buch

1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus.
Damit sollte fortan an den millionenfachen Mord, an Entrechtung, Verfolgung und Demütigung unter national-sozialistischer Herrschaft erinnert werden. Das Datum bezieht sich auf die Befreiung der Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Soldaten der Roten Armee. 
Aus diesem Anlass wird der vielfach ausgezeichnete Fernsehjournalist Jörg Armbruster am morgigen Freitag (26. Januar 2018) um 19:00 Uhr im Café DIAlog der VHS aus seinem aktuellen Buch „Willkommen im gelobten Land? Deutschstämmige Juden in Israel“ lesen und im Anschluss daran mit den Zuhörern in Diskussion treten. Eine kostenlose Veranstaltung, die gefördert wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!".

Ein Stück Zeitgeschichte

Zehntausende jüdische Deutsche emigrierten nach Palästina – vor, besonders aber während der NS-Zeit und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch die große Hoffnung, hier einen sicheren Zufluchtsort zu finden und willkommen zu sein, erfüllte sich für viele nur sehr zögerlich. Ihre lebensrettende Flucht war mit harten Einschnitten oder traumatischen Erfahrungen verbunden. Sie mussten alles hinter sich lassen, was ihnen in ihrer alten Heimat blieb und wichtig geworden war: ihre Freunde und Nachbarn, ihre oft akademischen Berufe, ihr Umfeld, ihre Kultur, ihre Sprache, ja ihre gesamte Lebensgrundlage. Doch die „Jeckes“, wie man die deutschen Juden abfällig nannte, wurden von den schon lange in Palästina lebenden Zionisten häufig misstrauisch beäugt als Fremde in dieser neuen Heimat. Und das blieben viele eine lange Zeit – obwohl sie zum ersten Mal nicht mehr zu einer Minderheit gehörten. 
Auch die Überlebenden des Holocaust hatten nach 1945 in Palästina und später in Israel häufig einen schwierigen Start. Der junge Staat musste Ende der vierziger Jahre um seine Existenz kämpfen, kümmerte sich deshalb kaum um das Leid und die inneren Verletzungen, die diese den Konzentra-tionslagern Entkommenen mit in das gelobte Land gebracht hatten. Daher schlossen sie sich oft auch in der neuen Umgebung zusammen, wie etwa im „Kibbuz Buchenwald“.

Einfühlsame Untersuchung
Bei seinen Recherchen hatte sich Jörg Armbruster auf deren Spuren begeben und die letzten Überlebenden getroffen. Er stieß auf bewegende Geschichten und Lebensläufe, die davon zeugten, wie schwierig es ist, eine neue Heimat zu finden. Das Buch „Willkommen im gelobten Land? Deutschstämmige Juden in Israel“ erzählt aber auch davon, wie Herkunft und Erfahrungen der „Jeckes" und der KZ-Überle-benden deren Nachfahren in der zweiten und dritten Generation bis heute prägen. 
Die Welt hat der Journalist oftmals in 1:30 erklärt. So lange dauert nämlich in der Regel ein Fernsehbeitrag für die Tagesschau. An morgigen Abend werden diese 1:30 in Stunden, nicht in Minuten, gerechnet. Und er erklärt auch nicht die Welt, er erklärt den Zuhörern ein großes Stück Zeitgeschichte.  André Sicks