Für
Hauptschüler*innen beginnt nach deren Schulzeit oftmals eine
„Odyssee“ an Nachqualifizierungs- und Überbrückungs-maßnahmen.
Auch wenn viele
von ihnen gute Abschlüsse erzielen, so sind ihre Chancen auf dem
Ausbildungsmarkt, im Gegensatz zu den Absolventen anderer
weiterführender Schulen, in vielen Fällen deutlich geringer. Hinzu
kommt, so sagte der gerade erst frisch im Amt bestätigte Schulleiter
Jens-Uwe Arnemann, dass es vielen, ob wohl der Ausbildungsmarkt gut
ist, „häufig an einem persönlichen Coaching fehlt, um für sich
einen passgenauen Ausbildungsplatz zu finden“.
In
Gevelsberg hat man es sich daher vor 14 Jahren zur Aufgabe gemacht,
gemeinsam mit knapp 60 heimischen Wirtschafts-unternehmen und der
Gemeinschaftshauptschule, allen ausbil-dungswilligen und
ausbildungsfähigen Schülern eine Perspek-tive zu bieten. Und zwar
mit dem Gevelsberger Ausbildungspakt. Mit
ihm ver-pflichten
sich die Neuntklässler bis zu ihrem Abschluss „pünktlich, ehrlich
und fleißig“ zu sein, sie müssen in den wichtigen Schul-fächern
mindestens die Note befriedigend erreichen und zu-sätzlich auch
Sozialstunden absol-vieren. Im Gegenzug dazu erklä-ren sich die
Kommune und die beteiligten Unternehmen bereit, den Unterzeichnern
ein Ausbildungsangebot zu unterbreiten. Sollten die
Vereinbarungen von Seiten eines Schülers oder einer Schülerin
nicht eingehalten werden, so erlischt seine / ihre
Ausbildungsplatzgarantie. „Für
uns ist der Ausbildungspakt von großer Bedeutung, da ein starker
Partner, nämlich die Stadt Gevelsberg, vertreten durch Bürgermeister
Claus Jacobi, hinter uns steht“, erklärte Arnemann. Das gäbe den
Schülerinnen und Schülern nicht nur eine entsprechende
Wertschätzung, es sei zugleich auch ein Ansporn. „Kurz gesagt:
Leistung gegen Leistung.“ Desweiteren,
so fügte er hinzu, würden solche Verträge die Hauptschule
gegenüber den potentiellen Arbeitgebern zweifels-ohne auch in ein
anderes Licht stellen.
Wetterbedingt
konnten leider nur neun der insgesamt 19 Schüler*innen
gemeinsam mit ihren Klassenlehrern an der feierlichen Übergabe der Verträge teilnehmen.
Übergabe außer Haus
Die
alljährliche Übergabe der Verträge findet normalerweise im
Ratssaal der Stadt Gevelsberg statt. In diesem Jahr wechselte man
jedoch den Standort und richtete die Veranstaltung bei der AVU aus.
Der heimische Energieversorger war 2020 dem Bündnis beigetreten und
da bot es sich an, so berichtete Lena Dobrick vom städtischen Büro
für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing, das Ganze einmal
direkt vor Ort bei einem Unternehmen über die Bühne gehen zu
lassen. Als
Energiedienstleister und Wasserversorger hat die AVU ihr Stammgebiet
in sieben von neun Städten des Ennepe-Ruhr-Kreises. Seit über 110
Jahren ist man eng verbunden mit den Städten, Unternehmen und den
Menschen in der Region. Zurzeit, so sagte Personalleiter Frank
Reiber, bildet die AVU-Gruppe 25 junge Menschen in den Berufen
Elektroniker für Betriebstechnik, Anlagenmechaniker,
Industriekaufleute, Kauf-leute für Dialogmarketing und
Fachinformatiker*in sowie in einem praxisintegriertem FACT-Studium
(Finance, Accounting, Controlling, Taxes) aus. Einer
von ihnen ist der ehemalige Hauptschüler Florim Delija, der sich für
den Beruf des Elektroniker für Betriebstechnik entschieden hat. Wer
Lust auf Elektromobilität, IT-Heraus-forderungen und super
Zukunftsperspektiven hätte, der sei hier genau richtig, rührte der
junge Mann souverän die Werbetrommel. „Ich lerne hier viel, bin
Teil eines guten Teams und konnte von Anfang an sogar Verantwortung
übernehmen.“ Die Schwer-punkte in seiner Berufssparte lägen in der
Herstellung und Wartung von Freileitungen, Stationen und
Hausanschlüssen sowie der Programmierung von Systemen und
Sicherheitseinrichtungen. Zudem könne man sich als Azubi bei der AVU
auf eine individuelle Betreuung durch die Ausbilder verlassen, fügte
er ergänzend hinzu. „Doch egal für welchen Beruf Ihr euch
entscheidet, am Ende sollte wichtig sein, dass Ihr Freude daran
habt.“ Einen Beruf auszuüben, bei dem Unlust den Alltag bestimme,
das würde man nicht lange durchhalten, mahnte er in Richtung der
jungen Leute.
Die
Anzahl der Teilnehmer*innen am Gevelsberger Ausbildungs-pakt hängt
immer von der jeweiligen Klassenstärke und dem individuellen Plan
der jungen Leute, wie es nach der Schule weitergehen soll, ab.
„Diejenigen, die z. B. zu einer weiter-führenden Schule wollen,
benötigen keine Ausbildungsgarantie und nehmen dementsprechend auch
nicht am Ausbildungspakt teil“, erklärte Lena Dobrick und fügte
hinzu, dass es in diesem Jahr insgesamt 19 Schüler*innen gewesen
wären, die ihre Unterschrift unter den Vertrag setzten. Neun
von ihnen konnten das Dokument dann auch persönlich aus den Händen
von Bürgermeister Claus Jacobi entgegen-nehmen, den anderen machte
das nass-stürmische Wetter und seine verkehrstechnischen Folgen
leider einen Strich durch die Rechnung. „Die Lehrer werden ihnen
aber die Verträge in der Klasse übergeben“, versicherte Jens-Uwe
Arnemann. Er appellierte noch einmal an seine Schützlinge, dass sie
sich nicht nur auf die Unterschrift verlassen sollten, sie müssten
dafür auch wirklich selbst etwas leisten. „Denn wie bei vielen
Verträgen, so dürft Ihr auch hier das Kleingedruckte nicht
überlesen.“ Ein Satz mit dem der Schulleiter noch einmal explizit
auf das geforderte gute bis sehr gute Verhalten der Schüler*innen
bezüglich deren Leistungsbereitschaft, Zuver-lässigkeit und Sorgfalt
sowie Sozialverhalten aufmerksam machen wollte.
Zum
Abschluss der Veranstaltung gab es für jeden dann auch noch eine
T-Shirt mit dem Logo des Gevelsberger Ausbildungs-paktes und
Bürgermeister
Claus Jacobi riet, sich „den
Beruf zu suchen, der zu Euch passt und der Euch Spaß macht“. Denn
als junger Mensch würde man darauf sein gesamtes Leben aufbauen. André Sicks