Und
jetzt? Total tote Hose im Karneval. Und alles nur, weil solch ein
blödes Virus die Macht ergriffen und uns allen die Geselligkeit
geraubt hat. Corona hat dafür gesorgt das eine komplette
Karnevals-Session ausfallen muss. Es
gibt kein Gevelsberger Prin-zenpaar, der goldene Schlüssel vom
Rathaus bleibt weiterhin in den Händen von Bürgermeister Claus
Jacobi, die Ka.Ge. Grün-Weiß kann dem oder der Nachfol-ger*in von
Andreas Niehues (Vorsitzender von ProCity Gevels-berg) keine närrische
Mütze aufsetzen und ich selbst trage den Orden für Freude und
Frohsinn der Ka-Ge Hippendorf noch für ein weiteres Jahr. Irgendwie
schon verrückt, denn damit haben wir Geehrten erstmalig in der
Geschichte des Gevelsberger Karnevals unsere Auszeichnungen
verteidigt. Zweifelsohne was Besonderes und auch Ehre zugleich,
nichts desto trotz macht dies irgendwie aber auch traurig. Alle wären
sie doch jetzt mitten in der Session, et Trömmelche jeit und es
würde jede Menge Jubel, Trubel und Heiterkeit verbreitet.
Am Rosenmontag wird traditionell das Gevelsberger Rathaus gestürmt und Bürgermeister Claus Jacobi versucht dabei mit allen Mitteln den Goldenen Schlüssel der Stadt zu verteidigen.
Im Anschluss gibt es dann im Foyer vom Ratssaal jede Menge närrisches Treiben und musikalisch-jecke Leckerbissen.
Seit
Jahrzehnten wird in Gevelsberg der närrische Brauch gehegt und
gepflegt. Und das was die Ka-Ge Hippendorf und die Ka.Ge. Grün-Weiß
Gevelsberg während einer Session dabei mit Herzblut auf die Beine
stellen, kann ohne Zweifel mit den Hochburgen Köln und Düsseldorf
mithalten. Wer einmal eine Veranstaltung der beiden heimischen
Karnevalsgesellschaften besucht hat, der wird vom jecken Fieber
befallen. Und das lässt sich so schnell nicht mehr abschütteln.
Auch gibt es keinen Impfstoff dagegen. Bist du jeck, machst du
automatisch verrückte Dinge. Keine Ahnung was mich damals dazu
trieb, im Dienste der medialen Berichterstattung spontan mit dem
Prinzen und dem Bürgermeister im Schwimm-In unterzu-tauchen, um bei
einer Unterwasser-Ordensverleihung live dabei zu sein.
Da wird man
auch mal zum Pressesprecher ernannt, der stets eine grüne Weste
tragen muss, um die Tollitäten und ihr Gefolge bei allen Terminen zu
begleiten. In all den Jahren war dies übrigens die erste
aufgebrummte These.
Jetzt
sitzen wir alle im Lockdown und uns fällt so langsam die Decke auf
dem Kopf. Aus dem CD-Player erklingt gerade „Leev Marie“ von den
Paveier. Ein Schmunzeln überkommt mich, da ich an jenen Moment
zurück denke, als mir beim Rosenmontagsball 2019 im Hippendorf
völlig unerwartet mitgeteilt wurde, dass man sich dafür entschieden
hätte, mir den Orden für Freude und Frohsinn 2020 zu verleihen. Mir
dem „Pressefrosch“, der eigentlich nur von Termin zu Termin hüpft
um über das närrische Treiben in Gevelsberg zu berichten. Oh man,
was für eine große Ehre! Bei dem Gedanken daran, dass weiß ich
noch allzu gut, bekam ich allerdings auch etwas Panik. Die Liste der
bis dato durch die Ka-Ge Hippendorf ausgezeichneten Ordensträger war
das reinste Who is Who. Und nun sollte sich meiner dazu gesellen.
Echt krass!
Bis zur eigentlichen Verleihung am 25. Februar 2020 war zwar noch etwas Zeit. Doch in den Monaten bis dahin schwirrte einem immer wieder der Gedanke durch den Kopf, man muss an jenem Abend auf die Bühne und unter den Augen der jecken Gesellschaft im Zentrum für Kirche und Kultur eine Dankesrede halten. Texte schreiben – kein Problem, aber eine Rede halten! Was sag ich da bloß? Kommt das, was ich vorbereitet habe überhaupt beim Zuhörer an? Fragen über Fragen, die stets mit leichtem Lampenfieber verbunden waren. Und dann war er da: der große Tag. Ich glaub ich brauch einen Schnaps. Tschaka, du packst dass, schwirrte es mir im Kopf und die Hand ballte sich dabei zur Faust. Mit Worten zu beschreiben, welch besonderer Augenblick das war, würde vielleicht ein literarischer Besteller. Kurz zusammengefasst: Es war eine unvergessliche Veran-staltung mit tollem Programm. Und dank der herr-lich phantasierei-chen und sehr per-sönlichen Laudatio durch meine „ehe-maligen Arbeitge-ber“, Prinz Nils I. und Prinzessin Jennifer I, war be-stehende Nervo-sität an die eigene Rede auch schnell verflogen. Leute ich sag euch, es lief an diesem Abend alles wie am Schnürchen und das wohlverdiente Bierchen im Anschluss an die offizielle Verleihung schmeckte dreimal so gut.
Bildimpressionen der Ordensverleihung und der daran anschließenden Dankesrede.
Ähnlich
erging es auch Andreas Niehues, wie er mir beim digitalen Anstoßen
mit einem Emoji-Bierchen über WhatsApp schrieb. Seine ersten
Gedanken, die ihn ereilten als ihn die Ka.Ge. Grün-Weiß Gevelsberg
fragte ob er ihr Mützenträger 2020 werden wolle, waren:
„Überraschung,
ungläubiges Staunen“.
Soll ich, soll ich nicht? Ja ich wollte, denn solch eine Ehrung muss
man einfach annehmen. Womit klar war, aus dieser karnevalistischen
Nummer kommt man nicht mehr raus. Kaum wusste die Öffentlichkeit von
seiner Auszeichnung, erhielt er prompt auch schon das nächste To-do.
Die amtierenden Tollitäten, Prinz Jürgen III. und Prinzessin Anja
III., machte es mir zur Aufgabe, sie am Rosenmontag beim Umzug durch
die Stadt standesgemäß von der Feuerwache zum Rathaus zu
chauffieren. Für den Betriebsleiter vom Opel Autohaus Nolte das
kleinste Problem; viel größer war indes sein Gedanke an die
eigentliche Mützenverleihung, die am 1. Februar 2020 in der Aula auf
der Alten Geer stattfand. Was wird mich dort erwarten? Als
Mützenträger 2019, stellvertre-tender Bürgermei-ster und beken-nender
Schalke-Fan hielt Stefan Biederbick die Laudatio auf den
eingefleischten schwarz-gelben Borussen. Heraus kam dabei eine zu
erwartende Derby-Ruhrpott-Stichelei, die für reichlich Lacher sorgte
und gerade jetzt aufgrund der momentanen Tabellensituation reichlich
Brisanz bieten würde, den Ball zurück zu spielen. Keine Sorge, die
Zeit dafür kommt schneller als man denkt.
Gevelsberg Gelau – Andreas Niehues stand jetzt in Amt und Würden
und ließ das närrische Volk in seiner Dankesrede wissen, dass er
als Schwarz-Gelber neben einem Blauen und als Zugezogener hier in
Gevelsberg „eine neue Heimat gefunden hat“ in der er sich
angekommen fühlt.
Bildimpressionen von der Mützenverleihung sowie der jecken Dankesrede.
Niemals
hätten wir zwei auch nur im geringsten daran gedacht, dass wir nach
einem Jahr immer noch die amtierenden Geehrten sind. Vielmehr hatten
wir uns schon darauf eingestellt, unsere*n Nachfolger*in zu
beglückwünschen und mit ihr oder ihm ein Bierchen zu trinken. Wir
hätten mit beiden Karnevals-gesellschaften eine unbeschwerte, lustige
und vor allem gesellige Session verbracht. Danke Corona, dass Du
allen Jecken mit deinem Auftauchen einen Strich durch die Rechnung
gemacht hast. Spätestens 2022 erschallt auch wieder ein dreifach
kräftiges und lautes „Hippendorf Mäh“ und „Gevelsberg Gelau“. André Sicks