Freitag, 12. Februar 2021

Eine ungewollt jecke und närrische Titelverteidigung in Zeiten von Corona

Man was war das in den letzten Jahren doch immer ne super jeile zick.
Und jetzt? Total tote Hose im Karneval. Und alles nur, weil solch ein blödes Virus die Macht ergriffen und uns allen die Geselligkeit geraubt hat. Corona hat dafür gesorgt das eine komplette Karnevals-Session ausfallen muss. 
Es gibt kein Gevelsberger Prin-zenpaar, der goldene Schlüssel vom Rathaus bleibt weiterhin in den Händen von Bürgermeister Claus Jacobi, die Ka.Ge. Grün-Weiß kann dem oder der Nachfol-ger*in von Andreas Niehues (Vorsitzender von ProCity Gevels-berg) keine närrische Mütze aufsetzen und ich selbst trage den Orden für Freude und Frohsinn der Ka-Ge Hippendorf noch für ein weiteres Jahr. Irgendwie schon verrückt, denn damit haben wir Geehrten erstmalig in der Geschichte des Gevelsberger Karnevals unsere Auszeichnungen verteidigt. Zweifelsohne was Besonderes und auch Ehre zugleich, nichts desto trotz macht dies irgendwie aber auch traurig. Alle wären sie doch jetzt mitten in der Session, et Trömmelche jeit und es würde jede Menge Jubel, Trubel und Heiterkeit verbreitet.

Am Rosenmontag wird traditionell das Gevelsberger Rathaus gestürmt und Bürgermeister Claus Jacobi versucht dabei mit allen Mitteln den Goldenen Schlüssel der Stadt zu verteidigen. 
Im Anschluss gibt es dann im Foyer vom Ratssaal jede Menge närrisches Treiben und musikalisch-jecke Leckerbissen.

Seit Jahrzehnten wird in Gevelsberg der närrische Brauch gehegt und gepflegt. Und das was die Ka-Ge Hippendorf und die Ka.Ge. Grün-Weiß Gevelsberg während einer Session dabei mit Herzblut auf die Beine stellen, kann ohne Zweifel mit den Hochburgen Köln und Düsseldorf mithalten. Wer einmal eine Veranstaltung der beiden heimischen Karnevalsgesellschaften besucht hat, der wird vom jecken Fieber befallen. Und das lässt sich so schnell nicht mehr abschütteln. Auch gibt es keinen Impfstoff dagegen. Bist du jeck, machst du automatisch verrückte Dinge. Keine Ahnung was mich damals dazu trieb, im Dienste der medialen Berichterstattung spontan mit dem Prinzen und dem Bürgermeister im Schwimm-In unterzu-tauchen, um bei einer Unterwasser-Ordensverleihung live dabei zu sein.
Da wird man auch mal zum Pressesprecher ernannt, der stets eine grüne Weste tragen muss, um die Tollitäten und ihr Gefolge bei allen Terminen zu begleiten. In all den Jahren war dies übrigens die erste aufgebrummte These. 

Jetzt sitzen wir alle im Lockdown und uns fällt so langsam die Decke auf dem Kopf. Aus dem CD-Player erklingt gerade „Leev Marie“ von den Paveier. Ein Schmunzeln überkommt mich, da ich an jenen Moment zurück denke, als mir beim Rosenmontagsball 2019 im Hippendorf völlig unerwartet mitgeteilt wurde, dass man sich dafür entschieden hätte, mir den Orden für Freude und Frohsinn 2020 zu verleihen. Mir dem „Pressefrosch“, der eigentlich nur von Termin zu Termin hüpft um über das närrische Treiben in Gevelsberg zu berichten. Oh man, was für eine große Ehre! Bei dem Gedanken daran, dass weiß ich noch allzu gut, bekam ich allerdings auch etwas Panik. Die Liste der bis dato durch die Ka-Ge Hippendorf ausgezeichneten Ordensträger war das reinste Who is Who. Und nun sollte sich meiner dazu gesellen. Echt krass! 

Bis zur eigentlichen Verleihung am 25. Februar 2020 war zwar noch etwas Zeit. Doch in den Monaten bis dahin schwirrte einem immer wieder der Gedanke durch den Kopf, man muss an jenem Abend auf die Bühne und unter den Augen der jecken Gesellschaft im Zentrum für Kirche und Kultur eine Dankesrede halten. Texte schreiben – kein Problem, aber eine Rede halten! Was sag ich da bloß? Kommt das, was ich vorbereitet habe überhaupt beim Zuhörer an? Fragen über Fragen, die stets mit leichtem Lampenfieber verbunden waren. Und dann war er da: der große Tag. Ich glaub ich brauch einen Schnaps.
Tschaka, du packst dass, schwirrte es mir im Kopf und die Hand ballte sich dabei zur Faust. Mit Worten zu beschreiben, welch besonderer Augenblick das war, würde vielleicht ein literarischer Besteller. Kurz zusammengefasst: Es war eine unvergessliche Veran-staltung mit tollem Programm.
Und dank der herr-lich phantasierei-chen und sehr per-sönlichen Laudatio durch meine „ehe-maligen Arbeitge-ber“, Prinz Nils I. und Prinzessin Jennifer I, war be-stehende Nervo-sität an die eigene Rede auch schnell verflogen. Leute ich sag euch, es lief an diesem Abend alles wie am Schnürchen und das wohlverdiente Bierchen im Anschluss an die offizielle Verleihung schmeckte dreimal so gut.
Bildimpressionen der Ordensverleihung und der daran anschließenden Dankesrede.

Ähnlich erging es auch Andreas Niehues, wie er mir beim digitalen Anstoßen mit einem Emoji-Bierchen über WhatsApp schrieb. Seine ersten Gedanken, die ihn ereilten als ihn die Ka.Ge. Grün-Weiß Gevelsberg fragte ob er ihr Mützenträger 2020 werden wolle, waren: „Überraschung, ungläubiges Staunen“. Soll ich, soll ich nicht? Ja ich wollte, denn solch eine Ehrung muss man einfach annehmen. Womit klar war, aus dieser karnevalistischen Nummer kommt man nicht mehr raus. Kaum wusste die Öffentlichkeit von seiner Auszeichnung, erhielt er prompt auch schon das nächste To-do.
Die amtierenden Tollitäten, Prinz Jürgen III. und Prinzessin Anja III., machte es mir zur Aufgabe, sie am Rosenmontag beim Umzug durch die Stadt standesgemäß von der Feuerwache zum Rathaus zu chauffieren. Für den Betriebsleiter vom Opel Autohaus Nolte das kleinste Problem; viel größer war indes sein Gedanke an die eigentliche Mützenverleihung, die am 1. Februar 2020 in der Aula auf der Alten Geer stattfand. Was wird mich dort erwarten? 
Als Mützenträger 2019, stellvertre-tender Bürgermei-ster und beken-nender Schalke-Fan hielt Stefan Biederbick die Laudatio auf den eingefleischten schwarz-gelben Borussen. Heraus kam dabei eine zu erwartende Derby-Ruhrpott-Stichelei, die für reichlich Lacher sorgte und gerade jetzt aufgrund der momentanen Tabellensituation reichlich Brisanz bieten würde, den Ball zurück zu spielen. Keine Sorge, die Zeit dafür kommt schneller als man denkt. Gevelsberg Gelau – Andreas Niehues stand jetzt in Amt und Würden und ließ das närrische Volk in seiner Dankesrede wissen, dass er als Schwarz-Gelber neben einem Blauen und als Zugezogener hier in Gevelsberg „eine neue Heimat gefunden hat“ in der er sich angekommen fühlt. 
Bildimpressionen von der Mützenverleihung sowie der jecken Dankesrede. 

Niemals hätten wir zwei auch nur im geringsten daran gedacht, dass wir nach einem Jahr immer noch die amtierenden Geehrten sind. Vielmehr hatten wir uns schon darauf eingestellt, unsere*n Nachfolger*in zu beglückwünschen und mit ihr oder ihm ein Bierchen zu trinken. Wir hätten mit beiden Karnevals-gesellschaften eine unbeschwerte, lustige und vor allem gesellige Session verbracht. Danke Corona, dass Du allen Jecken mit deinem Auftauchen einen Strich durch die Rechnung gemacht hast. Spätestens 2022 erschallt auch wieder ein dreifach kräftiges und lautes „Hippendorf Mäh“ und „Gevelsberg Gelau“. André Sicks