Montag, 24. Juni 2019

Eine unvergessliche Reise - AWO-Delegation war zu Gast in Vendȏme

Inklusion beginnt in den Köpfen und in den Herzen der Menschen.
Und der Schlüssel dazu liegt in persönlichen Begegnungen. Was sich im vergangenen Jahr zeigte, als eine 14-köpfige französische Delegation, darunter auch Menschen mit einer Behinderung, an den Feierlichkeiten zum 45-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum zwischen Gevelsberg und Vendôme teilnahm und die Gastfreundschaft der AWO genießen durfte. 
Les invités français zeigten sich begeistert von dem gebotenen Programm, dem positiven und herzlichen Engagement der Mitarbeiter, Bewohner und des Wohnhausbeirates, aber auch über die tägliche Begleitung durch einige ehrenamtliche Mitglieder des AWO-Ortsvereins Gevelsberg. In fünf Tagen wurde etwaige Barrieren abgebaut, neue Freundschaften geschlossen, Telefonnummern ausgetauscht und ein Gegen-besuch vereinbart. 
Und dieser fand nun vom 29. Mai bis 02. Juni statt. Die Gevelsberger Reisegruppe der Arbeiterwohlfahrt bestand aus sieben Menschen mit Behinderung, drei hauptamtlichen Mitarbeitern sowie sieben Ehrenamtlern. Aufgeteilt in zwei Gruppen (sechs Teilnehmer fuhren mit dem Bus in dem die Gevelsberger Handballer saßen, die andere Gruppe reiste mit einem Fahrzeug der Arbeiterwohlfahrt an), machte man sich frohgelaunt auf den Weg ins Département Loir-et-Cher. Nach einer sehr langen Fahrt, bei der man in Paris fast fünf Stunden in einem Stau verharren musste, kam die erste Gruppe schließlich gegen 23:00 Uhr in Cormenon an, wo sie bereits von ihren Gastgebern erwartet wurden. 

30. Mai 2019 
Am nächsten Morgen wurden zunächst einmal die Reisenden, die mit den Handballern unterwegs waren, gegen 8:00 Uhr in Vendôme abgeholt. Später besichtigten alle ge-meinsam mit Loïc Tytgat, Direktor des Vereins „L'Associ-ation pour personnes handicapées du Perche“ und seinem Team die einzelnen Einrichtungen und Dienstleis-tungen der im Jahre 1981 in Cormenon und Mondoubleau gegründeten Organisation. „Es war beeindruckend zu sehen, wie Eltern, Ehrenamtliche und Hauptamtliche hier Hand in Hand zusammenarbeiten, berichteten Anne Achenbach (Leiterin der Villa Elberfeld) und Katrin Dahlke (Einrichtungsleitung Vicus-Treff). Hier werden gemeinsame Werte geteilt, die klar zum Ausdruck bringen, dass es keinerlei Barrieren zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen gibt. „Wir kümmern uns um das Wohlergehen aller Menschen“ so Loïc Tytgat, „da alle Projekte, die wir durchführen, auf einem partizipativen Ansatz basieren“. Es war spürbar, dass dort viel Herzblut in die Arbeit einfließt.
Als ein Symbol der deutsch-französischen Freundschaft stellte man einen Wegweiser im Garten auf, welcher in Richtung Gevelsberg zeigt. Mit einem landestypischen 4-Gänge-Menue, zubereitet von einem neun-köpfigen Kochteam, welches man den Gästen aus Deutschland im Foyer Arc en Ciel kredenzte, endete schließlich ein aufregender Tag. 

31. Mai 2019 
Der darauffolgende Tag begann zunächst einmal mit der Besichtigung des „Freilichtmuseums“ Commanderie d‘Arville. Das im 12. Jahrhundert erbaute Anwesen der Tempelritter ist eines der am besten erhaltenen in Frankreich und beheimatet ein historisches Museum über den Orden der Tempelritter nebst einer spektakulären, interaktiven Ausstellung über deren Leben. 
Der Nachmittag stand ganz im Zei-chen der Sehens-würdigkeiten von Vendôme. Neben der Innenstadt mit Porte Saint-Georges und dem Place St-Martin, dessen Mittelpunkt der Turm der ehemaligen Kirche Saint-Martin ist, stand unter anderem auch die Dreifaltigkeitskirche; Eglise de la Trinité, auf dem Plan. Aufgrund der langen Bauzeit sind heute im Kirchenschiff mehrere unterschiedliche Baustile „versammelt“, was am Wechsel in der Gestaltung der Pfeiler und am Wandel der Profilarten und Ornamente abzulesen ist. Außen kontrastiert der romanische Glockenturm aus dem 12. Jahrhundert zur Flammenzier des Maßwerks an der Westfassade. Ein weiteres Highlight war die Ruine der ehemaligen Höhenburg. Als Überbleibsel der aus einem Erdwall bestehenden Burg sind noch eine Mauer und mehrere Rundtürme mit Pechnasenkranz aus dem 13. und 14. Jahrhundert vorhanden. Außerdem existiert noch ein massiver, Tour de Poitiers genannter Turm auf der Ostseite, der im 15. Jahrhundert wieder aufgebaut worden ist. Durch die „Porte de Beauce“ aus dem frühen 17. Jahrhundert gelangt man in einen innerhalb der Umfassungsmauer angelegten, die Reste der Burg einbeziehenden Park. 
Zu guter Letzt stand dann noch ein Empfang im Hotel de Ville auf dem Programm, bei dem die Gäste aus Gevelsberg von Didier Petitjean, Präsident des Comité Jumelage, und der stellvertretenden Bürgermeisterin Michèle Corvaisier begrüßt wurden und über ihre bisherigen Erlebnisse berichteten. Dabei brachte man von Seiten der Gastgeber noch einmal stark zum Ausdruck, dass man das Band der Brüderlichkeit und des Austauschs „zwischen unseren beiden Städten“ entschlossen zusammenhalten müsse und man auch nach 45 Jahren sein ganzes Herz dafür einsetzen werde. 

01. Juni 2019 
Den, im wahrsten Sinne des Wortes, krönenden Abschluss dieser unvergesslichen Reise bildete ein Ausflug zum Château de Chambord, dem größten Schloss im Tal der Loir. Es liegt ca. 15 Kilometer östlich von Blois in einem ausgedehnten früheren Jagdgebiet und wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter König Franz I. als Prunk- und Jagdschloss bei Chambord errichtet. Noch heute gilt als das prächtigste aller Loireschlösser und ist mit seiner ungewöhnlich reichen Dachlandschaft nahezu einzigartig. 

Merci chers amis
An allen Tagen wurde uns jeder Wunsch von den Augen abgelesen, so dass wir ein Leben wie Gott in Frankreich führten“, berichtete die AWO-Reisegruppe. Ihre französischen Gastgeber Loic Tytgat und Audrey Laroche erzählten nicht nur immer wieder mit Begeisterung und Stolz von ihrer Arbeit, sie waren darüber hinaus auch sehr aufmerksam, geduldig & hilfsbereit. Ein großer Dank gilt auch den zahlreichen ehrenamtlich Tätigen der „L'Association pour personnes handicapées du Perche“, den Eltern oder Geschwistern. „Gemeinsam begleiteten sie uns zu Ausflügen, übernahmen Fahrdienste etc.“ 
Dadurch dass die französischen Gastgeber ihre deutschen Freun-de auf mehrere Unterkünfte verteilt hatten, brachen jegliche Hemmschwellen. Jeder kommu-nizierte mit Händen und Füßen. Solch integrative, inkludierte Mischung machte den Aufenthalt in Vendôme spannend, unter-haltsam und lehrreich zugleich. „Jeder hat einen neuen Erfahrungsschatz mitnehmen können. Freundschaften wurden neu geknüpft oder vertieft“, erzählten Anne Achenbach und Katrin Dahlke. Dem fügten sie abschließend noch hinzu, dass mehrfach die Einladung zum Gegenbesuch ausgesprochen wurde und man sich auf ein Wiedersehen 2020 in Gevelsberg freue. André Sicks