Inklusion beginnt in den Köpfen und in den Herzen der Menschen.
Und der Schlüssel dazu liegt in persönlichen Begegnungen. Was sich im vergangenen Jahr zeigte, als eine 14-köpfige französische Delegation, darunter auch Menschen mit einer Behinderung, an den Feierlichkeiten zum 45-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum zwischen Gevelsberg und Vendôme teilnahm und die Gastfreundschaft der AWO genießen durfte.
Les
invités français zeigten
sich begeistert von dem gebotenen Programm, dem positiven und
herzlichen Engagement der Mitarbeiter, Bewohner und des
Wohnhausbeirates, aber auch über die tägliche Begleitung durch
einige ehrenamtliche Mitglieder des AWO-Ortsvereins Gevelsberg. In
fünf Tagen wurde etwaige Barrieren abgebaut, neue Freundschaften
geschlossen, Telefonnummern
ausgetauscht und ein Gegen-besuch vereinbart.
Und
dieser fand nun vom 29. Mai bis 02. Juni statt. Die Gevelsberger
Reisegruppe der Arbeiterwohlfahrt bestand aus sieben Menschen mit
Behinderung, drei hauptamtlichen Mitarbeitern sowie sieben
Ehrenamtlern. Aufgeteilt in zwei Gruppen (sechs Teilnehmer fuhren mit
dem Bus in dem die Gevelsberger Handballer saßen, die andere Gruppe
reiste mit einem Fahrzeug der Arbeiterwohlfahrt an), machte man sich
frohgelaunt auf den Weg ins Département Loir-et-Cher. Nach einer
sehr langen Fahrt, bei der man in Paris fast fünf Stunden in einem
Stau verharren musste, kam die erste Gruppe schließlich gegen 23:00
Uhr in Cormenon
an, wo sie bereits von ihren Gastgebern erwartet
wurden.
30. Mai 2019
Am
nächsten Morgen wurden zunächst einmal die Reisenden, die mit den
Handballern unterwegs waren, gegen 8:00 Uhr in Vendôme abgeholt.
Später besichtigten alle ge-meinsam mit Loïc Tytgat, Direktor des
Vereins „L'Associ-ation pour personnes handicapées du Perche“ und
seinem Team die einzelnen Einrichtungen und Dienstleis-tungen der im
Jahre 1981 in Cormenon und Mondoubleau gegründeten Organisation. „Es
war beeindruckend zu sehen, wie Eltern, Ehrenamtliche und
Hauptamtliche hier Hand in Hand zusammenarbeiten, berichteten Anne
Achenbach (Leiterin der Villa Elberfeld) und Katrin Dahlke
(Einrichtungsleitung Vicus-Treff). Hier werden gemeinsame Werte
geteilt, die klar zum Ausdruck bringen, dass es keinerlei Barrieren
zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen gibt. „Wir
kümmern uns um das Wohlergehen aller Menschen“ so Loïc Tytgat,
„da alle Projekte, die wir durchführen, auf einem partizipativen
Ansatz basieren“. Es war spürbar, dass dort viel Herzblut in die
Arbeit einfließt.
Als ein Symbol der deutsch-französischen
Freundschaft stellte man einen Wegweiser im Garten auf, welcher in
Richtung Gevelsberg zeigt. Mit einem landestypischen 4-Gänge-Menue,
zubereitet von einem neun-köpfigen Kochteam, welches man den Gästen
aus Deutschland im Foyer Arc en Ciel kredenzte, endete schließlich
ein aufregender Tag.
31. Mai 2019
Der
darauffolgende Tag begann zunächst einmal mit der Besichtigung des
„Freilichtmuseums“ Commanderie d‘Arville. Das im 12.
Jahrhundert erbaute Anwesen der Tempelritter ist eines der am besten
erhaltenen in Frankreich und beheimatet ein historisches Museum über
den Orden der Tempelritter nebst einer spektakulären, interaktiven
Ausstellung über deren Leben.
Der
Nachmittag stand ganz im Zei-chen der Sehens-würdigkeiten von Vendôme.
Neben der Innenstadt mit Porte Saint-Georges und dem Place St-Martin,
dessen Mittelpunkt der Turm der ehemaligen Kirche Saint-Martin ist,
stand unter anderem auch die Dreifaltigkeitskirche; Eglise de la
Trinité, auf dem Plan. Aufgrund der langen Bauzeit sind heute im
Kirchenschiff mehrere unterschiedliche Baustile „versammelt“, was
am Wechsel in der Gestaltung der Pfeiler und am Wandel der
Profilarten und Ornamente abzulesen ist. Außen kontrastiert der
romanische Glockenturm aus dem 12. Jahrhundert zur Flammenzier des
Maßwerks an der Westfassade. Ein weiteres Highlight war die Ruine
der ehemaligen Höhenburg. Als
Überbleibsel der aus einem Erdwall bestehenden Burg sind noch eine
Mauer und mehrere Rundtürme mit Pechnasenkranz aus dem 13. und 14.
Jahrhundert vorhanden. Außerdem existiert noch ein massiver, Tour de
Poitiers genannter Turm auf der Ostseite, der im 15. Jahrhundert
wieder aufgebaut worden ist. Durch
die „Porte de Beauce“ aus dem frühen 17. Jahrhundert gelangt man
in einen innerhalb der Umfassungsmauer angelegten, die Reste der Burg
einbeziehenden Park.
Zu
guter Letzt stand dann noch ein Empfang im Hotel de Ville auf dem
Programm, bei dem die Gäste aus Gevelsberg von Didier
Petitjean, Präsident des Comité Jumelage, und der stellvertretenden
Bürgermeisterin Michèle Corvaisier begrüßt wurden und über ihre
bisherigen Erlebnisse berichteten. Dabei brachte man von Seiten der
Gastgeber noch einmal stark zum Ausdruck, dass man das Band der
Brüderlichkeit
und des Austauschs „zwischen unseren beiden Städten“
entschlossen zusammenhalten müsse und man auch nach 45 Jahren sein
ganzes Herz dafür einsetzen werde.
01. Juni 2019
Den,
im wahrsten Sinne des Wortes, krönenden Abschluss dieser
unvergesslichen Reise bildete ein Ausflug zum Château de Chambord,
dem größten Schloss im Tal der Loir. Es liegt ca. 15 Kilometer
östlich von Blois in einem ausgedehnten früheren Jagdgebiet und
wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter König Franz
I. als Prunk- und Jagdschloss bei Chambord errichtet. Noch heute gilt
als das prächtigste aller Loireschlösser und ist mit seiner
ungewöhnlich reichen Dachlandschaft nahezu einzigartig.
Merci chers amis
„An
allen Tagen wurde uns jeder Wunsch von den Augen abgelesen, so dass
wir ein Leben wie Gott in Frankreich führten“, berichtete die
AWO-Reisegruppe. Ihre französischen Gastgeber Loic Tytgat und Audrey
Laroche erzählten nicht nur immer wieder mit Begeisterung und Stolz
von ihrer Arbeit, sie waren darüber hinaus auch sehr aufmerksam,
geduldig & hilfsbereit. Ein
großer Dank gilt auch den zahlreichen ehrenamtlich Tätigen der
„L'Association pour personnes handicapées du Perche“, den Eltern
oder Geschwistern. „Gemeinsam begleiteten sie uns zu Ausflügen,
übernahmen Fahrdienste etc.“
Dadurch
dass die französischen Gastgeber ihre deutschen Freun-de auf mehrere
Unterkünfte verteilt hatten, brachen jegliche Hemmschwellen. Jeder
kommu-nizierte mit Händen und Füßen. Solch integrative, inkludierte
Mischung machte den Aufenthalt in Vendôme spannend, unter-haltsam und
lehrreich zugleich. „Jeder hat einen neuen Erfahrungsschatz
mitnehmen können. Freundschaften wurden neu geknüpft oder
vertieft“, erzählten Anne Achenbach und Katrin Dahlke. Dem fügten
sie abschließend noch hinzu, dass mehrfach die Einladung zum
Gegenbesuch ausgesprochen wurde und man sich auf ein Wiedersehen 2020
in Gevelsberg freue. André Sicks