Alle,
die meinten, theologische Vorträge oder Predigten seien eher
langweilig und verstaubt, wurden am 15. und 16. Juni bei der fünften
Auflage des Gevelsberger Glaubensfestivals G² eines besseren
belehrt.
Anregend, spritzig, mitreißend, tiefgehend, nachdenklich –
sind nur einige Adjektive, mit denen man diese Veranstaltung, welche
von der Evangelische Kirchengemeinde – Pastor Daniel Jung, in
Kooperation mit der Freien Evangelischen Gemeinde – Pastor
Christian Lunkenheimer und der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde –
Pastor Adrian Wild auf die Beine gestellt wurde, beschreiben könnte.
G²
das ist
die Kurzfassung für „Glaube mal Gevelsberg“ und steht für ein
Event das neue Impulse für den Glauben setzen will und das Ziel
verfolgt,
eine Kirche
zu verkör-pern, die am Puls der Zeit steht, eine Kirche die
leidenschaftlich ist und die Menschen, auch kirchendistanzierte,
herausfordert. Gemeinsam hatte man dafür ein Programm erarbeitet,
welches sich an zwei Tagen vorrangig mit der Frage beschäftigte:
„Was muss Kirche tun, um zukunftsfähig zu sein?“
Trendwende muss her
Neben
einem Auftritt von Hossa Talk“, die sich tiefgründig, witzig und
hemmungslos ehrlich.mit der Gemeinde der Zukunft auseinandersetzten,
einer Worship Night und einem abschließenden Gottesdienst am
Sonntagmorgen, war es vor allem der Vortrag von Johannes Reimer
(Theologische Hochschule Ewersbach) warum für ihn zukunftsfähige
Kirche nicht anders kann als in der Gesellschaft präsent zu sein,
der die Zuschauer im Zentrum für Kirche und Kultur aufhorchen ließ.
Mit Spannung und großem Interesse lauschten die Besucher dem Vortrag von Johannes Reimer.
Der
zunehmende Verfall der christlichen Kultur hat mitunter nun auch die
großen Kirchen alarmiert. Es sind nicht nur Freikirchen, die nach
einer Neuevangelisierung rufen, es sind vor allem die großen
Landeskirchen, die Millionen ihrer Mitglieder verloren haben. Man
habe es zwischenzeitlich verstanden, so Reimers, dass man sich den
Themen Evangelisation und Gemeinde-aufbau annehmen müsse, wenn es
diese in der näheren Zukunft überhaupt noch geben soll. Es bedarf
daher einer Erneuerung – einem sogenannten Makeover. Das erwachte
Interesse der Kirchen für die Gesellschaft, in der der Glaube zur
Randnotiz verkommen ist, müsse seiner Meinung nach, Hand in Hand mit
der Wiederentdeckung der Ortsgemeinde als Voraussetzung für ein
sinnvolles Engagement in der Kommune gehen. Die von Johannes Reimer
vorgetragenen Impulse öffneten somit Tor und Tür zu einem kreativen
Dialog.
Tiefgängige Diskussion
In
einer von Britta Lennart geleiteten Podiumsdiskussion
(Gesprächspartner: Johannes Reimer, Benjamin Garske vom Rat der
Stadt Gevelsberg, Adrian Wild, Christian Lunkenheimer und Daniel
Jung) ging es zunächst einmal um den für Anfang 2020 geplanten
Anschluss der Evangelisch
Freikirchlichen Gemeinde an
die Freie
Evangelische Gemeinde
und die damit verbunden Auswirkungen auf die Menschen sowie die
Arbeit der beiden Institutionen. „Durch die größere Größe wird
die Stimme in Gevelsberg lauter; gleichzeitig können wir mit unserem
Angebot ein breiteres (Alters-)spektrum abdecken“ sagten die
zuständigen Pastoren Wild und Lunkenheimer.
Im
nächsten Schritt ging es an die Analyse: Warum spielen die Kirchen
keine große Rolle mehr? Warum gehen weniger Leute in die Kirchen?
Hier wurde sehr deutlich, dass man stärker die Lebensräume
bespielen müsse, wo die Menschen sind. „Darum können sich Kirchen
auch nicht dem Internet verschließen, auch wenn sie da wenig
erfolgreich sind“, so Christian Lunkenheimer. Denn auch das isei
ein Grund, warum Kirchen immer weiter in die Irrelevanz abrutschen.
Kirche konkurriert mit anderer Unterhaltung und auch mit
Sinnangeboten. Diesbezüglich führt Daniel Jung an, dass selbst wenn
an vielen Stellschrauben gedreht wird, aktuelle Themen wie
Klimawandel, soziale Gerechtigkeit vorkommen, die Gottesdienste auch
ansprechend, lustig und bewegend wären, trotzdem würden nicht viele
in die Gotteshäuser kommen. Um sich glücklich zu fühlen, braucht
man Gott nicht unbedingt. Worauf Johannes Reimer einwarf, dass der
Glaube nicht nur dazu da sei, glücklich zu werden, sondern den
Auftrag, gutes Leben zu ermöglichen, beinhalte. Gott kommt es auf
die Welt an – die Kirche ist lediglich der Agent Gottes.
Die
Podiumsdis-kussion war ein guter Auftakt für ein Gespräch, das
weitergehen muss. Und ein wichtiger nächster Schritt ist nun eine
Sozial-raumanalyse, die die Theologische Hochschule Ewers-bach im
Spätsommer 2019 in Gevelsberg durchführen wird. Dort wird es darum
gehen, die Bedürfnisse und Ressourcen der Gevelsberger
herauszufinden und Möglichkeiten aufzuzeigen, wo die Kirchen in den
Diskurs gehen können. Dass sie etwas beizutragen haben, da war sich
das Podium einig. Denn altbacken funktioniert nicht mehr. André Sicks