Den Bürgerinnen und
Bürgern blutet das Herz wenn sie nur daran denken, es gibt kein
Geschiebe die Elberfelder Straße hinauf, die Zapfhähne bei den
heimischen Vereinen bleiben zu und bei den Schaustellern bewegt sich
kein Fahrgeschäft. Ganz zu schweigen vom Kirmeszug, bei dem die
zwölf Gevelsberger Kirmesgruppen ihr Publikum immer wieder auf´s
Neue mit beeindruckenden Darstellungen überraschen. „Ein Jahr ohne
dies war schwer zu ertragen“, sagt Kirmesfreund Bernd Stich. „Aber
jetzt noch ein weiteres Jahr darauf zu verzichten, das ist dann doch
schon hart.“
Er
hat, wie so viele andere Gevelsberger auch, das Kirmesvirus in sich
und lehnt auch irgendeine Impfung dagegen ab. „Solch ein Virus
trage ich gerne mit mir rum“, scherzt er und bekommt dabei
Zustimmung von Björn Fox und den Brüdern Sascha und Daniel Krupke.
Gab es früher die Drei von der Tankstelle, so kann man bei diesem
Quartett von einer crazy Kirmes-Gang sprechen, bei der das
diesjährige Kirmesmotto „ Wat ok kömmt – Vie blitt Kiärmis“
zudem auch auch noch wie die Faust auf´s Auge passt. Alle vier
pflegen sie das heimische Brauchtum. Was
sich allein schon daran zeigt, dass bei Bernd Stich am Haus
alljährlich die Kir-mesflagge weht, er seine Kirmeskrüge und
-plaketten an-schaulich dekoriert hat und seit neue-stem auch noch ein
orangefarbe-nes Hinweisschild, hergestellt von seiner Frau, den Weg in
die hinterm Haus liegende Kirmesoase weist, wo man die vier des
Öfteren antrifft. „Wir haben hier zum Beispiel im letzten Jahr das
Anblasen via Livestream verfolgt und dabei Spießbraten gegrillt“,
sagt Stich und fügt hinzu, dass 2020 die bestehende Freundschaft
noch stärker intensiviert hätte.
Zudem
hatte er auch genügend Zeit, um an dem Modell einer eigenen Kirmes
weiter zu arbeiten. Bereits im Alter von 13 Jahren sei er damit
angefangen, wie er sagt, doch mit Eintritt der Pubertät ruhte das
Projekt. Bis eben zum letzten Jahr! Denn wie bei so vielen anderen
auch, ließ die Coronazeit den begeisterten Jetta-Schrauber Dinge
vollenden, die bis dato immer liegen geblieben waren. „Im September
hab ich angefangen, meine Kirmes weiter aufzubauen.“ Dafür
fehlende Details und Modelle besorgte er sich über Kleinanzeigen und
anderen Tauschbörsen. Es entstand ein beeindruckendes Modell,
welches die vier Freunde in Erinnerung schwelgen lässt, was sich
zuletzt 2019 in der längsten Nacht des Jahres auf der schrägsten
Kirmes Europas so abspielte.
Bernd
Stich und Björn Fox sind Mitglieder der Kirmesgruppe „Pinass
Brumse“, Daniel Krupke musiziert bei den „Fidelen Vogelsanger
2.0“ und ist zudem auch noch bei der KG „Börkey“ aktiv, Bruder
Sascha indes hat es zu „Mühlenhämmer“ verschlagen. Alle vier
sind sie während der Bauzeit stets auf den Bauplätzen anzutreffen
und lassen es auch bei anderen Veranstaltungen und Events rund um die
schrägste Kirmes Europas krachen. Das
Gemeinschaftsgefühl der einzelnen Gruppen unter- und miteinander sei
schon etwas ganz besonderes, erklären die Kirmesfreunde. Doch
aufgrund von Corona kam dies im letzten Jahr zum erliegen. Aus
Präsenz wurde Distanz – Treffen fanden nur im virtuellen Raum
statt „Wir von der Brumse haben zum Beispiel online ein
Bier-Testing veranstaltet, bei dem unseren Mitgliedern verschiedene
Biersorten nach Hause gebracht wurden, die es dann beim
Online-Meeting zu bewerten galt“, berichten Stich und Fox. Bei der
Mühle, so ergänzte Sascha Krupke, wäre es ähnlich gewesen. Hier
gingen die Mitglieder mit einer 11er-Kiste Bier und einem
Altöl-Bausatz auf virtuelle Kneipentour, die filmisch in der
Oberstadt begann und weit nach Mitternacht im Vereinslokal „Am Ufer“
endete.
Dies
alles sei während der Pandemie auch völlig okay gewesen, doch ein
jeder hätte gemerkt, wie sehr ihr oder ihm die persönlichen
Begegnungen fehlen. „Umso schöner, dass es dank der Lockerungen
nun wieder entspannter ist“, freut sich die Kirmes-Gang, die
natürlich dem kommenden Wochenende entgegenfiebert. „Was aber
nicht ist, dass ist nicht“, sagen sich die Jungs. Dank des
Kirmesvereins und der Stadt sei es aber auch in diesem Jahr wieder
möglich, dass es ein coronakonformes Rahmenprogramm gibt, welches
„unsere Kirmes im Herzen lebendig hält und zeigt, dass das
Gevelsberger Kirmesvirus stärker ist als jede Pandemie“, so der
abschließende Kommentar der Vierer-Gang, die darauf standesgemäß
mit einem kühlen Blonden anstößt. André Sicks