für den Karneval stehen die
Gevelsberger Narren in den Startlöcher. Alljährlich halten dabei im
Wechsel die KG Hippendorf und die Ka.Ge
Grün-Weiß Gevelsberg das Zepter in die Hand und herrschen mit ihrem
jeweiligen Prinzenpaar über das jecke Volk. Normalerweise müssten
es in diesem Jahr die Farben rot und weiß sein, die die Herrschaft
markieren. Dem ist aber nicht so. Was daran liegt, dass „es bei uns
momentan
nicht so rosig aussieht“, wie Dirk Wenzel, der amtierende Präsident
der jecken Hippendörfler, erklärt. „Wir haben zu kämpfen –
personell wie auch finanziell“, gibt er offen und ehrlich zu und
begründet es mit dem Auftauchen von Covid-19, jenem „Virus, dass
manch einen Verein in die Knie gezwungen hat“ 2021 und 2022 waren
Veranstaltungen, bei denen sich Menschen in engen Innenräumen
begegneten, nicht verantwortbar. Darum verzichteten die Gevelsberger
Kirmes- und Karnevalsvertreter aus dem Dorf auf solche
Veranstaltungen. Die Folge: „Die Einnahmen fielen weg, die laufende
Kosten blieben jedoch.“
Letztmalig
stellten die Hippendörfler in der Session 2018/19 mit Jennifer
Wenzel und Nils Buder das Gevelsberger Prinzenpaar; am Ende der
darauffolgenden Session kam dann Corona und fortan stand das
närrische Treiben still.
Mittlerweile
lädt man zwar wieder zu seinen gemütlichen Abenden ein, bei denen
man seine Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnt, Im
Bezug auf den Karneval hält man sich aber noch zurück.
Nichtsdestotrotz, sei man natürlich in dieser Session präsent. „Wir
stehen unseren Freunden von der Ka.Ge
Grün-Weiß Gevelsberg und deren Majestäten Prinz Thomas I. und
Prinzessin Tanja I. selbstverständlich zur Seite und unterstützen
sie auch; nur selbst, da werden wir erst im kommenden Jahr ganz
langsam wieder anfangen.“ Wie und in welcher Form, da stecke man
noch in der Findungsphase, einen Anfangspunkt gäbe es aber, sagt der
ehemalige Prinz der Session 2015/16 und
freut sich verkünden zu können, dass es am kommenden Sonntag eine
Kostümbörse
geben wird.
Auch
wenn das Hippendorf karnevalistisch in diesem Jahr selbst noch nichts
macht, so wird man, nach Aussage von Präsident Dirk Wenzel (rechts),
dennoch präsent sein und die Freunde der Ka.Ge Grün-Weiß
Gevelsberg nebst ihrem Prinzenpaar unterstützen.
Noch
haben mit Sicherheit nicht alle jecken Vertreter ihr passendes Kostüm
gefunden. Insbesondere
der Nachwuchs hat diesbezüglich verkleidungs-technisch oftmals ja
ausgefallene Wünsche, wie die Mitglieder der Kirmesgruppe
„Hippendorf“ erzählen. Aus diesem Grunde laden sie nun am 22.
Januar 2023 ab 12:00 Uhr ins Vereinsheim in der Lindengrabenstraße
27 ein, wo eine große Auswahl an Kleidungsstücken und Accessoires
auf die Besucher warten wird. Im
Laufe der Jahre haben die Aktiven beim Gevelsberger Kirmeszug so
einige Themen präsentiert, über die die Zuschauer entlang der
Zugstrecke stets staunten. Da wurden zum Beispiel nicht nur
Ritterspiele veranstaltet, es tanzte auch eine Mäuseschar durch die
Stadt, gut gelaunte Comicfiguren ließen Kinderaugen erstrahlen und
bei einer Hüttengaudi kamen sogar lebende Knödel auf den Teller.
Nur
irgendwann
platzt ein Fundus an Kostümen aus allen Nähten. „Dann heißt es
aussortieren“, sagt die 2. Vorsitzende Petra Wenzel und fügt
hinzu, dass „unsere Kleiderstangen sowohl für Kinder als auch für
Erwachsene etwas hergeben“ und dass sich selbstverständlich auch
Paare oder Gruppen passend ein- und verkleiden könnten. „Wer
also noch auf der Suche nach einem passenden Kostüm für seine
nächste Mottoparty, für Karneval und Weiberfastnacht ist oder
einfach ausgefallene Sachen sucht, um die Alltagsgarderobe ein wenig
aufzupeppen, der sollte diese Chance nicht verpassen, rührt sie die
Werbetrommel und lässt nicht unerwähnt, dass man mit frischen
Waffeln und Kaffee oder einer Bockwurst im Brötchen
selbstverständlich auch für das leibliche Wohl der Besucher sorge.
„Shoppen macht bekanntlich ja hungrig!“
Wenn sich zwei tradi-tionelle Brauchtümer wie der Karneval und die Kirmes auf irgend-einer Weise kompro-misslos vereinen las-sen, dann geschieht dies in Gevelsberg einzig und allein im Hippendorf. Hier lässt man ein dreifaches „Hippendorf Mäh“ und „Rupp di Tupp“ gleichermaßen laut erklingen. Und mit ihrer letztjährigen Wagendarstellung, die unter dem Motto „Jetzt geht die Party richtig los – Karneval meets Kirmes“ stand, brachten die Vereinsmitglieder diese Verbindung genau auf den Punkt. Was nicht von ungefähr komme, wie der Vorsitzende Paul-Werner Herguth berichtet und diesbezüglich noch einmal kurz in die Gründungszeit eintaucht. Es sei im Jahre 1935 gewesen, so schwellt er in Erinnerung, als sich die kirmesbegeisterten Gevelsberger auf ihren zweiten Kirmeszug in der Stadt vorbereiteten. „Auch bei uns im Dorf wurde viel darüber gesprochen, und einige Dörfler beschlossen mit großen, bunten Papp-Zylindern an diesem Zug teilzunehmen.“ Das muss ihnen wohl soviel Spaß gemacht haben, dass sie in der nachfolgenden fröhlichen Runde spontan beschlossen, einem Kirmesclub zu gründen. „Am 6. August 1935 wurden Nägel mit Köpfen gemacht und man hob die KG „Hippendorf“ aus der Taufe.“ In der Chronik der Kirmesgruppe wird Herbert Laake als erster Vorsitzender genannt, der 27 Jahre lang im Amt blieb und den Stab später dann „an meinen Vater Paul-Günther Herguth weiter reichte“. An sämtlichen Kirmeszügen nahm man teil, erlebte bei den Wagendar-stellungen Höhen und Tiefen, so „Pauli“ Herguth, wie er von seinen „Hippen“ liebevoll genannt wird, und lässt nicht unerwähnt, dass man zudem in jedem Jahr auch einen Einzelgänger stellte, der sehr erfolgreich war und erste sowie zweite Preise ins Dorf holte „Was selbstredend auch für unsere Frauen- und Kindergruppe gilt.“
Aber
nur einmal im Jahr Kirmes feiern? Das war den Hippendörflern
irgendwann dann doch zu wenig und sie beschlossen auch Karnevalsfeste
zu veranstalten. 1950 gründeten sie ihren ersten Elferrat, dessen
Karnevalsveranstaltungen vom großen Erfolg geprägt waren, so dass
man 1958 beschloss, das Brauchtum weiter auszubauen und noch ernster
zu nehmen: Als närrische Gesellschaft trat man dem „Bund deutscher
Karneval" bei und gehört diesem bis heute als Mitglied in
dessen Regionalverband „Rheinisch-Bergisch-Märkischer
Karnevalsgesellschaften e.V.“ an. In einer jeden Session schlägt
die Stimmung in Gevelsbergs historische Keimzelle hohe Wellen. Egal
ob beim Dämmerball, Herrenabend, Weiberfastnacht oder all den
anderen Veranstaltungen innerhalb der Stadt und über deren Grenzen
hinaus. Zum Abschluss seiner kleinen historischen Zeitreise lässt
Herguth nicht unerwähnt, dass die KG Hippendorf seit 1958
neunzehn Mal das offizielle Prinzenpaar der Stadt Gevelsberg stellte
und seit 1977 ihren „Orden für Freude und Frohsinn“ verleiht.
Auch wenn man in dieser Session noch zurückhaltend sei, man werde
den närrischen Neuanfang meistern, sagt er abschließend: „Denn
in.jedem von uns steckt doch irgendwo ein Jeck.“ André Sicks