Freitag, 20. Januar 2023

Närrischer Neustart im Hippendorf mit Kostümbörse

Die Session ist in vollem Gange,
für den Karneval stehen die Gevelsberger Narren in den Startlöcher. Alljährlich halten dabei im Wechsel die KG Hippendorf und die Ka.Ge Grün-Weiß Gevelsberg das Zepter in die Hand und herrschen mit ihrem jeweiligen Prinzenpaar über das jecke Volk. Normalerweise müssten es in diesem Jahr die Farben rot und weiß sein, die die Herrschaft markieren. Dem ist aber nicht so. Was daran liegt, dass „es bei uns momentan nicht so rosig aussieht“, wie Dirk Wenzel, der amtierende Präsident der jecken Hippendörfler, erklärt. „Wir haben zu kämpfen – personell wie auch finanziell“, gibt er offen und ehrlich zu und begründet es mit dem Auftauchen von Covid-19, jenem „Virus, dass manch einen Verein in die Knie gezwungen hat“ 2021 und 2022 waren Veranstaltungen, bei denen sich Menschen in engen Innenräumen begegneten, nicht verantwortbar. Darum verzichteten die Gevelsberger Kirmes- und Karnevalsvertreter aus dem Dorf auf solche Veranstaltungen. Die Folge: „Die Einnahmen fielen weg, die laufende Kosten blieben jedoch.“ 

Letztmalig stellten die Hippendörfler in der Session 2018/19 mit Jennifer Wenzel und Nils Buder das Gevelsberger Prinzenpaar; am Ende der darauffolgenden Session kam dann Corona und fortan stand das närrische Treiben still. 

Mittlerweile lädt man zwar wieder zu seinen gemütlichen Abenden ein, bei denen man seine Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnt, Im Bezug auf den Karneval hält man sich aber noch zurück. Nichtsdestotrotz, sei man natürlich in dieser Session präsent. „Wir stehen unseren Freunden von der Ka.Ge Grün-Weiß Gevelsberg und deren Majestäten Prinz Thomas I. und Prinzessin Tanja I. selbstverständlich zur Seite und unterstützen sie auch; nur selbst, da werden wir erst im kommenden Jahr ganz langsam wieder anfangen.“ Wie und in welcher Form, da stecke man noch in der Findungsphase, einen Anfangspunkt gäbe es aber, sagt der ehemalige Prinz der Session 2015/16 und freut sich verkünden zu können, dass es am kommenden Sonntag eine Kostümbörse geben wird.
 
Auch wenn das Hippendorf karnevalistisch in diesem Jahr selbst noch nichts macht, so wird man, nach Aussage von Präsident Dirk Wenzel (rechts), dennoch präsent sein und die Freunde der Ka.Ge Grün-Weiß Gevelsberg nebst ihrem Prinzenpaar unterstützen. 

Noch haben mit Sicherheit nicht alle jecken Vertreter ihr passendes Kostüm gefunden. Insbesondere der Nachwuchs hat diesbezüglich verkleidungs-technisch oftmals ja ausgefallene Wünsche, wie die Mitglieder der Kirmesgruppe „Hippendorf“ erzählen. Aus diesem Grunde laden sie nun am 22. Januar 2023 ab 12:00 Uhr ins Vereinsheim in der Lindengrabenstraße 27 ein, wo eine große Auswahl an Kleidungsstücken und Accessoires auf die Besucher warten wird. Im Laufe der Jahre haben die Aktiven beim Gevelsberger Kirmeszug so einige Themen präsentiert, über die die Zuschauer entlang der Zugstrecke stets staunten. Da wurden zum Beispiel nicht nur Ritterspiele veranstaltet, es tanzte auch eine Mäuseschar durch die Stadt, gut gelaunte Comicfiguren ließen Kinderaugen erstrahlen und bei einer Hüttengaudi kamen sogar lebende Knödel auf den Teller. 
Nur irgendwann platzt ein Fundus an Kostümen aus allen Nähten. „Dann heißt es aussortieren“, sagt die 2. Vorsitzende Petra Wenzel und fügt hinzu, dass „unsere Kleiderstangen sowohl für Kinder als auch für Erwachsene etwas hergeben“ und dass sich selbstverständlich auch Paare oder Gruppen passend ein- und verkleiden könnten. Wer also noch auf der Suche nach einem passenden Kostüm für seine nächste Mottoparty, für Karneval und Weiberfastnacht ist oder einfach ausgefallene Sachen sucht, um die Alltagsgarderobe ein wenig aufzupeppen, der sollte diese Chance nicht verpassen, rührt sie die Werbetrommel und lässt nicht unerwähnt, dass man mit frischen Waffeln und Kaffee oder einer Bockwurst im Brötchen selbstverständlich auch für das leibliche Wohl der Besucher sorge. „Shoppen macht bekanntlich ja hungrig!“ 

Wenn sich zwei tradi-tionelle Brauchtümer wie der Karneval und die Kirmes auf irgend-einer Weise kompro-misslos vereinen las-sen, dann geschieht dies in Gevelsberg einzig und allein im Hippendorf. Hier lässt man ein dreifaches „Hippendorf Mäh“ und „Rupp di Tupp“ gleichermaßen laut erklingen. Und mit ihrer letztjährigen Wagendarstellung, die unter dem Motto „Jetzt geht die Party richtig los – Karneval meets Kirmes“ stand, brachten die Vereinsmitglieder diese Verbindung genau auf den Punkt. Was nicht von ungefähr komme, wie der Vorsitzende Paul-Werner Herguth berichtet und diesbezüglich noch einmal kurz in die Gründungszeit eintaucht. Es sei im Jahre 1935 gewesen, so schwellt er in Erinnerung, als sich die kirmesbegeisterten Gevelsberger auf ihren zweiten Kirmeszug in der Stadt vorbereiteten. „Auch bei uns im Dorf wurde viel darüber gesprochen, und einige Dörfler beschlossen mit großen, bunten Papp-Zylindern an diesem Zug teilzunehmen.“ Das muss ihnen wohl soviel Spaß gemacht haben, dass sie in der nachfolgenden fröhlichen Runde spontan beschlossen, einem Kirmesclub zu gründen. „Am 6. August 1935 wurden Nägel mit Köpfen gemacht und man hob die KG „Hippendorf“ aus der Taufe.“ In der Chronik der Kirmesgruppe wird Herbert Laake als erster Vorsitzender genannt, der 27 Jahre lang im Amt blieb und den Stab später dann „an meinen Vater Paul-Günther Herguth weiter reichte“. An sämtlichen Kirmeszügen nahm man teil, erlebte bei den Wagendar-stellungen Höhen und Tiefen, so „Pauli“ Herguth, wie er von seinen „Hippen“ liebevoll genannt wird, und lässt nicht unerwähnt, dass man zudem in jedem Jahr auch einen Einzelgänger stellte, der sehr erfolgreich war und erste sowie zweite Preise ins Dorf holte „Was selbstredend auch für unsere Frauen- und Kindergruppe gilt.“ 
Aber nur einmal im Jahr Kirmes feiern? Das war den Hippendörflern irgendwann dann doch zu wenig und sie beschlossen auch Karnevalsfeste zu veranstalten. 1950 gründeten sie ihren ersten Elferrat, dessen Karnevalsveranstaltungen vom großen Erfolg geprägt waren, so dass man 1958 beschloss, das Brauchtum weiter auszubauen und noch ernster zu nehmen: Als närrische Gesellschaft trat man dem „Bund deutscher Karneval" bei und gehört diesem bis heute als Mitglied in dessen Regionalverband „Rheinisch-Bergisch-Märkischer Karnevalsgesellschaften e.V.“ an. In einer jeden Session schlägt die Stimmung in Gevelsbergs historische Keimzelle hohe Wellen. Egal ob beim Dämmerball, Herrenabend, Weiberfastnacht oder all den anderen Veranstaltungen innerhalb der Stadt und über deren Grenzen hinaus. Zum Abschluss seiner kleinen historischen Zeitreise lässt Herguth nicht unerwähnt, dass die KG Hippendorf seit 1958 neunzehn Mal das offizielle Prinzenpaar der Stadt Gevelsberg stellte und seit 1977 ihren „Orden für Freude und Frohsinn“ verleiht. Auch wenn man in dieser Session noch zurückhaltend sei, man werde den närrischen Neuanfang meistern, sagt er abschließend: „Denn in.jedem von uns steckt doch irgendwo ein Jeck.“                        André Sicks