Zahlreiche
Besucher fanden am 15. September ihren Weg in den Park hinter der vhs
Ennepe-Ruhr-Süd, um an der Auftaktveranstaltung zur „Fairen Woche
2020“ teilzunehmen.
Unter der Regie von Jürgen Nestmann haben
dafür die Weltläden aus Gevelsberg und Ennepetal, gemeinsam mit der
Volkshochschule und dem filmriss Kino, eine umfangreiche
Veranstaltungsreihe auf die Beine gestellt, die sich mit 16
Veranstaltungen an eine breite Öffentlichkeit sowie an die Schulen
vor Ort richtet. Das
gesamte Projekt wurde im Bereich „Vielfalt gestalten“
angesiedelt, welches den Menschen ein diskriminierungsfreies Leben
ermöglichen soll. „Es lehrt einen, Vielfalt als Chance zu
begreifen, Widersprüche auszuhalten und fördert das Verständnis
für Vielfalt und den Respekt sowie die Anerkennung der
Unterschiedlichkeiten, aus denen die Menschheit besteht“, sagte
Damian Stronczik von der Fach- und Koordinierungsstelle für
„Demokratie leben!“.
„Dank der finanziellen Förderung seitens
des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im
Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ konnte
die politische Bildung an der vhs immer weiter ausgebaut werden und
es konnten Veranstaltungen mit hochkarätigen Referenten zu aktuellen
gesellschaft-lichen Themen umgesetzt werden, die für die vhs
ansonsten nicht finanzierbar gewesen wären“, so die
Fachbereichs-leiterin für politische Bildung, Iris Baeck. Schön wäre
es, wenn sich noch mehr Vereine und Initiativen vor Ort in
Kooperation mit der vhs Ennepe-Ruhr-Süd und der DIA gGmbH für
Themen wie z.B. Demokratie und Vielfalt stark machen. Denn kulturelle
Vielfalt ist für die Menschen genauso wichtig wie die biologische
Vielfalt für die Natur. Und im Einklang mit der „Allgemeinen
Erklärung zur kulturellen Vielfalt“, die die UNESCO 2001
verabschiedet hat, leisten die Veranstaltungen der „Fairen Woche“
daher auch ihren ganz speziellen Beitrag zur Verständigung, zur
Integration und zur Menschlichkeit.
Prägnante Grußworte zum Auftakt Gleich
zu Beginn der Veranstaltung betonte Bürgermeister Claus Jacobi in
seinem Grußwort, dass die „Faire Woche“ ein wichtiges Signal für
alle beinhalte. Man solle mal hinterfragen, wie Konsum- und
Produktionsmuster aussehen müssten, um möglichst vielen Menschen in
Nord und Süd ein gutes Leben zu ermöglichen. Das heißt: faire
Preise, Existenzen sichern und dem Naturverbrauch entlang von
globalen Lieferketten einen Preis geben. Dies kann und muss jedoch
von unten heraus geschehen, aus der Mitte der Gesellschaft. Ein jeder
sollte nachhaltig und fair einkaufen. Denn man selbst bestimmt mit
seinem Einkaufskorb, unter welchen Bedingungen die entsprechenden
Produkte hergestellt werden.
Im Anschluss erklärte Ennepetals Bürgermeisterin Imke Heymann den Entstehungsprozess ihrer Stadt zur Auszeichnung „Fairtrade Stadt“. Die Kriterien hierfür waren: ein offizieller Ratsbeschluss zur Beteiligung an der Kampagne, die Gründung einer Steuerungsgruppe zur Koordinierung der Aktivitäten, eine bestimmte Anzahl an Verkaufsstellen und Gastronomen, die faire Produkte anbieten, teilnehmende Vereine, Gemeinden und Schulen sowie mediale Bericht-erstattung über die Aktionen. „Wir müssen global denken und lokal handeln“, appellierte sie und forderte alle auf, Mut bei diesem Thema zu zeigen. Mut nicht nur bei sich selbst, Mut auch bei seinem Gegenüber.
Fair gehandelte Produkte gibt es bekanntlich auch im Supermarkt. Was gut ist, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Darum stellen sich die meisten auch immer noch die Frage, warum man in einen Weltladen gehen sollte. Die Antwort darauf lieferte Angelika vom Bruch. „Weil Weltläden nicht nur fair gehandelte Produkte verkaufen wollen, sondern eine Vision von einer gerechteren Welt haben.“ Womit sie auch direkt überleitet zu Pfarrer Dietrich Weinbrenner, der den Parkbesuchern wichtige globale Fragen und mögliche Lösungswege aufzeigte.
Wo beginnt Fair Play?
Fast
die gesamte deutsche Textilproduktion findet inzwischen in
Billiglohnländern statt. Rund 60 Millionen Menschen sind in dieser
Branche tätig und die meisten von ihnen arbeiten dabei unter
katastrophalen Bedingungen. „Eine Textilarbeiterin, die in Sri
Lanka für ein renommiertes deutsches Unternehmen arbeitet, erzählte
mir, dass in ihrer Fabrik 16-Stunden-Schichten an der Tagesordnung
sind, oft im Stehen.“ Bei Termindruck können die Schichten sogar
schon einmal bis zu 24 Stunden dauern. Und all dies zu Hungerlöhnen.
Die Arbeiter*innen haben meist keinen Vertrag und keine soziale
Absicherung. Was den Konsumentinnen und Konsumenten letztlich egal
ist; Hauptsache die Kleidung ist günstig zu erwerben. „Und wenn
ein T-Shirt nur wenige Euro kostet, wird dieses nach kurzem Gebrauch
weggeworfen und ein neues gekauft.“ Was zur Folge hat, dass der
unwürdige Arbeitsmechanismus angeheizt wird. Zudem sei erwiesen, so
schilderte der Beauftragte
für Nachhaltige Textilien bei der Evangelischen Kirche von Westfalen
(EKvW) und der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), dass
auch die Kleidung von renommierten teuren Marken mittlerweile in
denselben Fabriken gefertigt würde, die auch für Billigmarken
produzieren, also unter denselben Bedingungen. In der globalisierten
Wirtschaft ist somit also nicht alles Gold was glänzt; es gibt
Gewinner und Verlierer, es geht um Profitmaximierung und Wachstum.
Dabei bleiben allerdings die Arbeits- und Menschenrechte auf der
Strecke. Es
sei jedoch eine Chance, Textilien öko und fair einzukaufen, um
dadurch sein eigenes Profil zu schärfen, erklärte Pfarrer
Weinbrenner. Bei solchen Textilien würde man darauf achten, dass
bei der Herstellung nachweislich Menschen- und Arbeitsrechte
garantiert sind und dass die Umwelt geschützt wird. Dafür gibt es
Siegel wie zum Beispiel das Fair Trade Siegel oder den GOTS –
Standard. Wichtig sei aber auch, möglichst viel Bio-Baumwolle
einzusetzen. „Ist ein Unternehmen Mitglied in der Fair Wear
Foundation, werden die betreffenden Nähfabriken nach hohen Standards
unabhängig und transparent überprüft.“ Inzwischen ist sogar
deutlich, dass innerhalb der Gesellschaft das Bewusstsein für die
Problematik der Textilproduktion steigt. „Kundinnen und Kunden
wollen keine Kleidung auf der Haut tragen, in der Ausbeutung von
Menschen steckt.“ Zum Abschluss seines Vortrages lud Pfarrer
Dietrich Weinbrenner alle Besucherinnen und Besucher dazu ein, sich
die Ausstellung „FIT FOR FAIR – Sport trifft Fairen Handel“
anzuschauen.
Sie
wurde erarbeitet vom Entwick-lungspolitischen Informationszentrum
Göttingen (EPIZ) und wirft die Fragen auf, ob Sport ohne Fair Play
denkbar ist und ob bei der Produktion der Ausrüstung und Kleidung
wirklich alles fair abläuft. Der Gedanke, dass Fair Play mit der
Produktion und dem Konsum beginnt, führt wie ein roter Faden durch
die Ausstellung hin zu vielfältigen Impulsen für ein Engage-ment für
globale Gerechtigkeit im Sportverein. Die Besucher*innen durchlaufen
die vier Themenmodule „Fair Play!“, „Rote Karte!“,
„Trikot-Tausch!“ und „Spiel beginnt!“. Die Module
„Tipp-Kick!“ und „Tipps, Ideen + Visionen“ laden sie indes
zum Mitmachen und zum Formulieren eigener Statements ein. Denn gerade
in der Ver-bindung von Entscheidungsträ-ger*innen, Aktiven im Sport
und Fairem Handel liegt ein großes Potenzial, um gemeinsam zu einer
nachhaltigen Entwicklung beizutragen. André Sicks