Donnerstag, 24. September 2020

„Einfach mal die Welt retten!“ - Kinofilm „Fair Traders“ dokumentierte drei nachhaltige Unternehmen

Es müssen nicht immer genormte Massenprodukte sein, hergestellt und vermarktet unter fragwürdigen Bedingungen, wie der Film „
Fair Traders“ bewies, der im Rahmen der „Fairen Woche“ gezeigt wurde.
Für diesen Doku-mentarfilm hatte sich Regisseur Nino Jacusso
an die Fersen von drei Menschen geheftet, die alter-native Wege such-ten und fanden, um wieder nach-haltig zu wirtschaf-ten. Drei Persönlichkeiten, die eben nicht, wie so oft, den maximalen Profit zur Firmenphilosophie erklärten, sondern die etwas Sinnvolles tun wollten, für sich und für andere. Diese Unternehmer stehen für ein Umdenken in sehr unter-schiedlichen Berufsfeldern. 

Ein echter Bio-Baumwollpionier 
Patrick Hohmann beispielsweise entschied vor 20 Jahren Bio-Baumwollplantagen zu schaffen – lange bevor Bio und Nachhaltigkeit überhaupt zu inhaltsentleerten Unternehmens-schlagwörtern wurden. Der Schweizer gründete 1983 die Remei AG, die Baumwolle für den Weltmarkt aufkaufte. Als er feststellen musste, dass die Produzenten ihre Verdienste massenhaft in Pestizide investieren mussten, lancierte er den Anbau von Biobaumwolle in Indien und Tansania. Rund 8000 Bauern fanden so durch ihn Arbeit, von der sie tatsächlich auch leben konnten, was in dem Bereich nicht unbedingt selbstverständlich ist. Das Unternehmen florierte und sein Qualitätslabel bioRe® garantiert den Kunden biologischen Anbau, ökologische, umweltbewusste Produktion und faire Preise. 

Bio-Bäuerin mit Herzblut 
Ganz anders sieht es bei Claudia Zimmermann aus. Ihr Beispiel ist mitunter das Bescheidenste. Die ehemalige Kindergärtnerin hat nämlich zusammen mit ihrem Mann 2006 damit begonnen, einen konventionellen Landwirtschaftsbetrieb in einen nachhaltigen Biobauernhof zu transformieren. In erster Linie wollte sie zusammen mit ihrer Familie eine Arbeit tun, die ihr sinnhaft erschien – der monetäre Gewinn stand dabei nicht im Fokus. Dafür steht die überzeugte „Food Waste“-Aktivistin auch selbst in ihrem Ökodorfladen, um beispielsweise Kartoffeln, Kuchen, Getreide oder Mehl aus eigener Produktion zu vertreiben: selbstverständlich direkt, ohne Zwischenhändler oder die Beteiligung riesiger Lebensmittelkonzerne. Sie tut alles dafür, dass nicht, wie beispielsweise in der Schweiz, ungefähr ein Drittel aller Lebensmittel in der Mülltonne landen. 

Gesellschaftsdenkerin und Chancen-Schneiderin
 
Dass ökologischeres, sozialeres und vor allem auch nachhaltigeres Wirtschaften nicht nur im Mikrokosmos eines Biobauernhofes möglich ist, zeigt sich im radikalen Lebenswandel der Augsburger Mittelständlerin Sina Trinkwalder. Als die durch ihre Arbeit für eine Werbeagentur zu Vermögen gekommene Unternehmerin 2010 ihre Ersparnisse investierte, um ein Textilunternehmen zu gründen, hätte sie nie geahnt, wie schnell sie expandieren würde. Ihr Ziel war es, den in unserer Gesellschaft „Abgehängten“ wieder eine Perspektive zu geben. Inzwischen beschäftigt sie 150 Menschen, die auf dem sog. ersten Arbeitsmarkt keine Chancen mehr hatten. Sie werden von ihr gerecht entlohnt und bekommen durchweg einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Sie setzt ebenfalls auf Gemeinschaftlichkeit und faire Bedingungen und will zudem durch Recycling etwas gegen die Wegwerfgesellschaft tun. Darüber hinaus organisiert sie soziale Projekte wie z.B. die Herstellung von Rucksäcken aus Reststoffen, die mittels Sachspenden befüllt und an Obdachlose verschenkt werden. 

Wo Elend droht, hilft Unternehmertum
 
Diese drei Beispiele machen den Zuschauer*innen Mut. „Fair Traders“ ist kein Lehrfilm, es ist vielmehr ein spannendes Dokument darüber, wie Utopien Wirklichkeit werden und einiges verändern können, im Kleinen, im Partiellen – vielleicht aber auch im Größeren, Globalen. Mit ihrem Tun verbreiten diese drei Unternehmen Freude und Zuversicht und sie geben Kraft, um die Lethargie zu überwinden, die lähmt und die einen oft gefangen hält. Der Film regt zum Nachdenken an, fordert zur Stellungnahme auf und animiert zum Handeln. Oder um es mit den Worten von Patrick Hohmann zu formulieren: „In Afrika hat niemand Burn-out“. Die Menschen dort vor Ort wissen, dass sie die Welt (noch) verändern können! Und davon sollten sich die Wohlstandseuropäer mal eine Scheibe abschneiden. André Sicks