Montag, 12. November 2018

Versteh einer die Deutschen! - Wenn Deutsche so manche Dinge nicht verstehen, wie soll ein Syrier diese erst verstehen

Den Auftakt zur diesjährigen „Aktionswoche für Zivilcourage und gegen rechte Gewalt“ bildete am 05. November eine Lesung mit Firas Alshater, die in Kooperation mit den Lesefreunden, dem Förderverein der Stadtbücherei Gevelsberg, in deren Räumlichkeiten stattfand.
An die 90 Zuhörer lauschten dabei, dem seit fünf Jahren in Deutschland lebenden, syrischen Flüchtling und bekannten YouTube-Star. 
Es war seine Arbeit an einem Film (Syria Inside), die ihm damals das ersehnte Visum für Deutschland einbrachte, und er so den größten Kokon der Welt, den Westen, betreten konnte. Seitdem versucht Firas Alshater die Deutschen nun zu verstehen: das Pfandsystem, private Briefkästen, Fahrkarten-automaten und natürlich die deutsche Sprache, für die, wie er selber sagte, ein Leben nicht ausreiche. Firas Alshater hatte während seiner Lesung viele Geschichten „im Gepäck“ – manch traurige, aber auch sehr lustige. 

Lachen verbindet alle Menschen
Im vergangenen Jahr kam er bereits auf uns zu, mittlerweile lernte er jedoch die Deutschen besser kennen. „Zumindest versuche ich es“, sagte Firas Alshater zu Beginn der Veranstaltung. Als dann berichtet er aus seinem neuen Buch „Versteh einer die Deutschen – Firas erkundet ein merkwürdiges Land“, wie es ihm in den vergangenen Jahren in Deutschland ergangen ist. Vieles ist ihm hierzulande mittlerweile zwar vertraut, andere Dinge bleiben jedoch ewig ein Rätsel – „besonders wenn nicht einmal die Deutschen selber diese verstehen“.
Firas Alshater machte seinen Zuhörern in der Stadtbücherei Gevelsberg schnell deutlich, dass man mit Humor viel mehr erreichen könne als man denkt.  
In gewohnt, witziger Art und Weise räumte Firas Alshater mit Klischees auf – oder bestätigte diese. Zum Beispiel: Bio-Deutsche! „Naja, sie lieben Bio – aber warum streiten sie dann mit den Gutmenschen?“ In solchen Fällen musste man als Zuhörer einfach nur lachen; über sich, alle anderen und all jene kleinen Sternstunden, die Deutsche und Nicht-ganz-so-Deutsche in ihrem gemeinsamen Land immer wieder erleben können. Und genau das war die Botschaft die der Berliner, mit Hipsterbart und Brille, seinen Zuhörern vermitteln wollte. „Ich hab genug Hass gesehen. Mit Lachen und Humor erreicht man viel mehr.“ Und Lachen kennt bekanntlich keinerlei Sprachbarrieren. 
Firas Alshater hielt den Zuhörern so einen Spiegel vor, dass man den Eindruck bekam, in Deutschland lebt vielleicht doch kein so verkehrtes Völkchen. Er fand nach eigener Aussage sogar Gefallen an der persönlichen Individualität, und an Zuckerschnute „Zucchini“, seiner kleinen Hundeprinzessin. Ein kleiner Intergrationshund, der dem 27-jährigen zahlreiche neue Kontakte einbrachte. Nichts desto trotz könnte das Leben der Menschen in vielen Dingen einfacher sein und man könnte lustig Shawarma oder Shakshouka mit Pasta und Kartoffelsuppe mischen.
Nach der Lesung überreichte Rüdiger Völkl (Vorsitzender der Lesefreunde, dem Förderverein der Stadtbücherei Gevelsberg) dem syrischen Autor und seiner vierbeinigen Zuckerschnute „Zucchini“ noch eine kleine Überraschung. Geduldig standen beide dann noch zur Signierstunde und für Selfies bereit.
Feine Satire, ein warmer Humor und viel Klugheit machten diesen Abend am Ende dann zu etwas ganz Besonderem, so dass man sagen konnte: Firas Alshater war im Herzen seiner Zuhörer Bruder und Freund zugleich. Er war und ist jemand, der einem das Leben erklärt.  André Sicks