Zum jetzigen Zeitpunkt liegt die
Opferzahl bei über 11.000 und steigt von Stunde zu Stunde. Über
13 Millionen Menschen haben von heute auf morgen ihr Zuhause
verloren. Als Kahan Selcuk die Nachricht vom Erdbeben erreicht, ist
ihm sofort klar: „Hier muss man helfen“. Denn auch in Gevelsberg
würden Menschen leben, die um ihre Angehörigen in den
Katastrophengebieten bangen, berichtet er. Selcuk will helfen, so wie
es einst seine Mutter 1999 nach dem Erdbeben von Gölcük
machte. Sie hatte damals eine Spendenaktion auf die Beine gestellt,
die vom Erfolg geprägt war. Nun ist die nächste Generation am Zug
und der 35-jährige Luftfracht-Fuhrunternehmer trägt sein Anliegen
bezüglich einer Spendensammlung kurzerhand bei der Stadtverwaltung
vor und erhält dort auch direkt eine offizielle Genehmigung.
Kahan
Selcuk (mitte) hat binnen kürzester Zeit eine Spendenaktion für die
Opfer der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien ins Leben
gerufen.
Was
folgt ist ein Aufruf in den sozialen Medien und ab da sei der Stein
ganz schnell ins Rollen gekommen, erzählt er sichtlich erfreut. Eine
Welle der Hilfsbereitschaft hat Gevelsberg erfasst Viele Bürgerinnen
und Bürger kommen zum Vendȏmer Platz um Winterkleidung, Schuhe,
Windeln, Decken und Hygieneartikel abzugeben. Was davon bereits in
Kartons verpackt ist, wird direkt in den LKW verladen. Spenden die in
Tüten übergeben werden, da kümmern sich die Verantwortlichen
darum, diese in Kisten zu packen und zu beschriften. „Ich bin
glücklich, wenn ich sehe, wie viele Menschen hierher kommen, um zu
helfen“, sagt Kahan Selcuk und bedankt sich zugleich bei einer
Lehrerin der Ferdinand Hasenclever Schule für deren Spende an
Winterkleidung. Auch die Gemeinschaftshauptschule ist vor Ort und
übergibt einen Karton an Kleidung. Die beiden
Schulsozialarbeiterinnen
Tanja Scharloh und Anna Lena Frank sind gemeinsam mit der Schülerin
Joana vor Ort. Ihre Großeltern, die Tante und der Onkel sowie Cousin
und Cousine leben in Syrien, in der Nähe von Damaskus und Aleppo,
und alle sind sie von der Katastrophe betroffen, erzählt die
14-jährige mit zittriger Stimme. Man sieht es ihr an, wie nahe es
ihr geht, da die Augen befeuchtet sind Das Ganze fühlt sich wie ein
Alptraum an. An der Hauptschule gäbe es einige betroffene
Schülerinnen und Schüler, erklärt Tanja Scharloh und fügt hinzu,
dass im Falle von Joana, deren Familie seit 24 Stunden nichts mehr
von den Verwandten gehört habe.
Zahlreiche
Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf von Kahan Selcuk und
brachten ihre Spenden zum Vendȏmer
Platz, wo alles was in Tüten abgeliefert wurde, von den
Verantwortlichen in Kisten gepackt wurde.
Ein
solches Schicksal geht auch Kahan
Selcuk zu
Herzen. Er verspricht, dass alles was „hier und heute“ verladen
wird am Ende auch an den richtigen Stellen ankomme. Zunächst gehen
die Spenden allerdings noch zu einer anderen Sammelstelle, erzählt
er, wo man sie noch einmal sortiert. „Denn priorisierte Waren, wie
zum Beispiel Nahrungsmittel und Hygieneartikel werden von der
türkischen Katastrophenschutzbehörde AFAD mit dem Flugzeug
verschickt.“ Alles andere wird dann per LKW in die Krisenregionen
transportiert. Dafür würde der Hilfskonvoi schätzungsweise 48
Stunden brauchen, sagt er abschließend und möchte es nicht
versäumen, der Verwaltung, Bürgermeister Claus Jacobi und allen
Bürgerinnen und Bürgern zu danken, dass man solch eine humanitäre
Aktion in kürzester Zeit auf den Weg bringen konnte. André Sicks