Du
bist fett! Du frisst zu viel! Du bewegst dich nicht!
Solch krasse
Aussagen bekommen oftmals all jene Menschen zu hören, die von der
Gesellschaft einzig und allein nur auf ihre Figur reduziert werden.
Das hinter ihrem Aussehen allerdings auch etwas anderes stecken
könnte – nämlich ein Krankheitsbild, das bedenken die meisten gar
nicht. Die Rede ist vom Lip- und / oder Lymphödem. Eine schmerzhafte
Erkrankung, die in der Regel hauptsächlich Frauen betrifft und bei
der es sich um eine
Verteilungsstörung des menschlichen Fettgewebes beziehungsweise um
die Ansammlung von Wasser in den Beinen sowie in anderen Körperteilen
handelt. Viele Betroffene leiden unter solch starken Schmerzen, dass
diese sogar teilweise zur Berufsunfähigkeit führen können. In
besonders schlimmen Fällen helfen am Ende dann nur noch Operationen.
Man ist nicht allein
Endlich
– diese Reaktion konnte man Anfang des Monats bei einem ersten
Treffen der neugegründeten Selbsthilfegruppe für Menschen mit dem
Lip- und / oder Lymphödem immer wieder hören. „Da es in der näheren
Umgebung keine vergleichbaren Angebote gibt, freuen wir uns zentral
in Gevelsberg-Silschede nun eine Anlaufstelle für alle Betroffenen
und deren Angehörige geschaffen zu haben“, sagten die
Gruppenleiter Nicole Heine und Christian Erlemeyer.
Wer
an einem Lip- und / oder Lymphödem leidet, der ist oftmals schrägen
Blicken, Getuschel, sozialer Diskriminierung und Mobbing ausgesetzt.
Für die Betroffenen selbst ist es eine Tortur für Leib und Seele.
Es
ist mitunter zwar kein neues Angebot das sie aus der Taufe gehoben
haben, da man sich bis Ende letzten Jahres nämlich im Evangelischen
Krankenhaus Hagen-Haspe traf, es ist jedoch ein Neubeginn, der die
Teilnehmer erkennen lassen soll, dass sie mit ihren Problemen nicht
alleine sind. „Und das ist letztendlich dann auch das größte
Glück bei solchen Gruppentreffen“, erklärte Erlemeyer, der sich
als Angehöriger einer betroffenen Person nur all zu gut mit den
Symptomen auskennt; während Nicole Heine sogar selbst von der
Krankheit betroffen ist.
Neben
praktischen Tipps und dem Erfahrungsaustausch ging es vor allem
darum, den rund 20 Teilnehmern (langjährige Mitglieder, aber auch
viele neue Gesichter) Mut zu machen. „Man sitzt hier nicht nur im
Stuhlkreis und jammert“, betonte Nicole Heine. Der Begriff
Selbsthilfegruppe sei wörtlich zu nehmen. „Es geht darum zu
lernen, sich selbst zu helfen.“ Wie pflegt man die oft trockene,
rissige Haut der betroffenen Körperregionen? Wie findet man eine
gute Praxis für Lymphdrainagen? Welche Chancen und Risiken hat eine
operative Fettabsaugung? Und muss man sich wirklich die wahnsinnige
Quälerei antun, die das Anziehen der Kompressionskleidung tagtäglich
darstellt? Und wer nichts weiß, der bleibt am Ende auf der Strecke.
Erfolgreicher Start
Bei
dieser Selbsthilfegruppe, die sich ab sofort jeden 1. Donnerstag im
Monat um
18:00 Uhr im Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Silschede
(Kirchstraße 8) treffen wird, „fühlt man sich gut aufgehoben und
verstanden“, sagte Tina, eine der Teilnehmerinnen. „Ich war echt
erstaunt wie viele Menschen doch betroffen sind. Man sollte keine
Scheu haben einfach vorbei zu kommen, denn alle haben dort das selbe
Laster.“ Und in den Räumlichkeiten des Gemeindehauses gibt es
ausreichen Platz für weitere Teilnehmer. Auch
für Menschen mit einem Rollstuhl oder einer Gehhilfe ist die
Teilnahme möglich, da alles behindertengerecht ist.
„Unser
nächstes Treffen wird am 5. März sein und wir freuen uns schon
jetzt auf weitere Teilnehmer*innen. Jeder ist bei uns herzlich
willkommen“, sagten Nicole Heine und Christian Erlemeyer
abschließend. André Sicks