Montag, 22. Juli 2019

Bilder gewährten einen Blick auf die Seele der Gäste vom Vicus-Treff

Der AWO Vicus-Treff ist eine Tageseinrichtung für Menschen mit Behinderung im Ruhestand, die 2013 erstmals in der historischen Keimzelle von Gevelsberg, dem „alten Dorf“, ihre Arbeit aufnahm.
Von montags bis freitags treffen sich in der Elberfelder Straße bis zu 20 Rentner, die nicht nur gemeinsam ihren Tag gestalten, sondern auch durch ein vielfältiges Angebot gefördert werden. Dabei stehen vor allem die Steigerung der Lebensfreude und Lebensqualität eines jeden einzelnen Gastes im Vordergrund, aber auch die Möglichkeit, andere Personen zu treffen, alte Kontakte zu pflegen und neue aufzubauen. 
Für eine noch bessere Veran-kerung des Treffs im lokalen Umfeld wurde, mittels einer Förderung durch Aktion Mensch"eine inklusive Fotoaus-stellung mit dem Titel „Lebensbilder im Quartier“ initiiert, die Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam auf Fotos porträtierte. Die dabei entstanden Aufnahmen konnten dank Unterstützung der städtischen Behindertenbeauftragten Gabriele Schumacher im Foyer des Ratssaals bewundert werden. Offiziell eröffnet wurde das Ganze am 05. Juli durch Bürgermeister Claus Jacobi und dem Geschäftsführer der AWO EN, Jochen Winter. 

Im richtigen Moment abgedrückt
Über ein Jahr lang begleitete der Fotograf Bernd Henkel die Gäste aus dem Vicus-Treff mit seiner Kamera. Über ein Jahr lang, gestatteten sie ihm „einen Blick auf ihre Seele“, wie er es selbst so trefflich formulierte. Es entstanden emotionale Bilder, die das Drumherum vergessen lassen und sich nur auf die Menschen und auf den richtigen Moment konzentrieren. Die Kamera von Bernd Henkel war ein stiller Beobachter, der auf ganz besondere Weise ein Stück Biografie der abgebildeten Personen widerspiegelte. 
Die Fotoausstellung „Lebensbilder im Quartier“ war ein inklusives Fotoprojekt mit Gästen aus dem Vicus-Treff, 
bei dem der Fotograf Bernd Henkel Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam auf Fotos porträtierte.

So sah man zum Beispiel Uli S., ein echter Schalke 04-Fan, wie er stolz den „heiligen“ Rasen der Veltins Arena betritt, wie Lutz G. seine Zimmertüre öffnete, um seine über 100 selbst zusammengebaute LEGO-Modelle zu präsentierten. Oder wie Hobbyfotografin Hannelore B, gemeinsam mit den anderen Gästen aus dem Vicus-Treff in ihren Fotokisten stöberte. Bewundernswert aber auch die Aufnahmen die Bernd Henkel von Karin W. machte. Sie kämpfte sich aus dem Rollstuhl zurück auf die Füße und kann nach einer zweijährigen intensiven Physiotherapie nun wieder ohne Rollator laufen. 
Es bedurfte im Vorfeld einer intensiven Recherche, um für jeden Gast das für ihn typische und zugleich besondere Thema zu finden“, berichtete Einrichtungs-leiterin Katrin Dahlke. Doch am Ende der einzelnen Shootings konnte ein jeder für sich selbst ein positives Selbstbild aufbauen und sein eigenes Selbstwertgefühl und Wohlbefinden stärken. Anders ausgedrückt: Jeder Teilnehmer konnte sich neu begegnen, Teilhabe im Quartier erleben und Mut für seinen weiteren Lebensweg schöpfen. Zudem war es Bernd Henkel wichtig, dass alle Beteiligten bei den einzelnen Arbeitsschritten der Fotoentstehung mitwirkten. 

Zusammenhalt im Quartier
Gemeinsam mit ihrem Team, aber auch mit tatkräftiger Unterstützung des AWO-Ortsvereins Gevelsberg, ist es Katrin Dahlke und ihrem Team gelungen, den Vicus-Treff im Quartier vielfältig zu vernetzen. Was sich besonders daran zeigte, dass man viele Partner aus der Nachbarschaft gewinnen konnte, die bei dem Fotoprojekt „Lebensbilder im Quartier“ mitwirken wollten. Sie öffneten nicht nur bereitwillig ihre Türen, sie wurden teilweise sogar selbst Akteure im Projekt. Menschen wie zum Beispiel das Gevelsberger Prinzenpaar, Prinz Nils (Buder) I. und Prinzessin Jennifer (Wenzel) I., das während seiner Session einen vergnüglichen und konfettireichen Vormittag im Vicus-Treff erlebte, Freunde wie Heidi Post, die mit ihrem Kiosk, direkt gegenüber vom Vicus-Treff, als gute Seele im alten Dorf zählt und für die die Gäste aus der AWO-Einrichtung einfach dazu gehören. Ebenso konnten aber auch Partner aus dem EN Kreis gefunden werden, die nicht direkt im alten Dorf ansässig sind. Hierzu zählten unter anderem :der Höller Hof in Radevormwald sowie die Firma Buerstätte aus Wetter/Ruhr. 
Nicht nur die Projektbeteiligten selbst, auch Vertreter aus der Politik (MdB René Röspel, MdL Dr. Nadja Büteführ), 
von heimischen Organisationen, der AWO und sogar ihre karnevalistische Lieblichkeit Prinzessin Jennifer I. 
(die gemeinsam mit Hannelore B. in Erinnerung schwelgte) ließen es sich nicht nehmen, die lebendigen und menschlichen Aufnahmen intensiv zu bestaunen. 

Ausstellungsbesuch lohnte sich
Ziel der Ausstellung war es, der Bürgerschaft einmal zu zeigen, wie vielfältig Nachbarschaft in einem Quartier sein kann, mögliche Berührungsängste zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen abzubauen sowie ein klares Signal für die gegenseitige Akzeptanz aller Menschen zu setzen. Drei Punkte, die nach Aussagen von Bürgermeister Claus Jacobi und Jochen Winter beim Betrachten der ausgehangenen Fotografien vollumfänglich erfüllt wurden. „Wir sind hier in Gevelsberg eine große Gemeinschaft und sitzen alle in einem Boot“, sagte Bürgermeister Claus Jacobi bei der Eröffnung und wünschte der Ausstellung „viele interessierte und begeisterte Zuschauerinnen und Zuschauer!“ Und von denen gab es bis zum 19. Juli, dem letzten Ausstellungstag, sehr viele. André Sicks