Drei Schlagwörter, die beim ersten
FrauenKulturFest für eine ganze Bandbreite an Gefühlen und
Perspektiven der Frauen in herausfordernden Zeiten standen. Drei
Schlagwörter, zu denen sich viele Menschen unterschiedlichster
Kulturen in der neuen Industriehalle der vhs Ennepe-Ruhr-Süd
vereinten, um den ersten Internationalen Frauentag nach Beginn der
Pandemie bunt und lebendig zu feiern. Für die Besucher*innen war es
ein besonderes Ereignis, zu dem die Gleichstellungsbeauftragten und
der Förderverein der vhs im EN-Südkreis, unterstützt durch
Kooperations-partnerinnen und lokale Akteurinnen, eingeladen hatten. „Wir
möchten heute Begegnungen ermög-lichen, mit und ohne Worte, zusammen
tanzen und feiern, uns gegenseitig stärken“, sagte die
stellvertre-tende Bürgermeisterin Sonja Dehn in ihrem Grußwort und
erin-nerte zugleich auch noch einmal daran, dass es das zentrale
Anliegen des Internationalen Frauentages sei, die Frauenrechte und
Gleichstellung „hier und weltweit“ auf den Prüfstand zu stellen,
anzumahnen und solidarisch zu sein. Gerade in schwierigen Zeiten,
angesichts des nahen Krieges in der Ukraine und den weltweit zu
lösender Krisen.
Worte, denen Susan Zare nur zustimmen konnte. Die deutsch-iranische Journalistin aus Saarbrücken fungierte bei dieser vom Bundes-ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ geförderten Veranstaltung als Mode-ratorin und zeigte sich im Hinblick auf die Proteste in ihrem Heimat demütig. „Weil dort mutige Menschen sind, die jeden Tag ihr Leben in Gefahr bringen für die Freiheit." Ihre eigene Familie und auch Freundinnen und Freunde würden schon seit vielen Jahren leiden, sagte sie. „Da geht es um wirtschaftliche Aspekte, Korruption, vor allem aber um gravierende Menschen-rechtsverletzungen sowie die Rechte der Frauen." All dies sei zwar schon lange bekannt, nur jetzt, nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, gebe es einen noch nie da gewesenen Mut auf den Straßen, „dass sich Menschen aus dem ganzen Land solidarisieren und dass auch weltweit zum ersten Mal auf das Land so geblickt wird wie jetzt." Insbesondere, weil es für diese Menschen lebensgefährlich sei und man jeden Tag von Festnahmen höre. „Teilweise weiß man nicht, wo die Angehörigen sind, wie es ihnen geht. Sie werden oftmals gefoltert, verschleppt, entführt, getötet, vergewaltigt. Es sind grausame und absolut unvorstellbare Zustände."
„Uns
ist es wichtig, den Gedanken von Mädchen und Frauen hier und heute
einen Raum zu geben, um im Rahmen eines vielfältigen Programmes
darüber miteinander ins Gespräch kommen können, was sie bewegt,
verbindet und stärkt“, läuteten die Gevelsberger
Gleichstellungsbeauftragte Christel Hofschröer und Iris Baeck,
stellvertretende Direktorin der Volkshochschule, den Beginn der
einzelnen Kunst- und Kreativworkshops ein. Allesamt fanden diese bei
den Gästen großen Anklang, darunter waren auch viele Frauen aus
Syrien, der Ukraine, Afghanistan und dem Iran, die aus ihrer Heimat
flüchten mussten, weit dort Krieg und Unterdrückung herrscht.
So
konnte man zum Beispiel bei Maja Schmidt und Patricia Rumenica aus
der Malschule „Maldumal“ das Motto vom FrauenKulturFest
künstlerisch auf einer Leinwand umsetzen, das Schwelmer
AtelierSieben von Heike Philipp hatte seinen halben Second-Hand-Laden
ausgeräumt und inspirierte dazu, in neue Klamotten und Rollen zu
schlüpfen oder auch Pumps und anderem Schuhwerk einen großen
dekorativen Auftritt zu verleihen, unter der Anleitung von Melanie
Katzuba von der vhs-Werkstatt „recycleART“ bestand die
Möglichkeit, seine eigene Stofftasche mit dem Slogan „Frau Leben
Freiheit!“ zu gestalten und die Syrerin Fatima Sara zauberte allen
Interessierten mit Henna wahre Kunstwerke auf die Hand. Für all
jene, die neugierig aufeinander waren, Kontakte knüpfen oder Teil
eines „vielfältigen“ Frauennetzwerks werden wollten, bot sich
das FemCafé vom Büro für Vielfalt und Zukunftschancen der Stadt
Gevelsberg, vertreten durch Alexandra Konstantinopoulos und Petra
Akin, sowie die von Sabine Görke Becker (Leiterin vom AWO
Jugendmigrationsdienst) geführte Cocktailbar als idealer Treffpunkt
zum Plausch an. Dabei konnte man auch jene 27 Fotografien bestaunen,
die im Rahmen eines Fotowettbewerbes eingereicht worden sind und auf
denen Frauen ihre Lebensgefühle, Wünsche, Träume und ihren Blick
auf die Zukunft eingefangen hatten. Das Siegerbild stammte von Anna
Kerstan und zeigte die Hände ihrer Mutter. Diese, so sagte sie
sichtlich erfreut, hätten sie immer getröstet, wenn es ihr nicht
gut ging und sie haben immer „versucht was Leckeres zu kochen,
obwohl es Zeiten gab, wo es mit dem Essen richtig knapp war“.
Musikalisch
begleitet wurde das FrauenKulturFest von der aktuellen Jugend
musiziert-Preisträgerin Nala Mintchev und Maria Eleonora Dellaria
von der Städtischen Musikschule Gevelsberg sowie der Ukrainerin
Oleksandra Hovodetska, die mit ihrem Friedenslied bei allen für
Gänsehaut sorgte. Bevor zum Ende hin die Ruhrgebietsikonen „4 ½“,
deren Wurzeln in unterschiedlichen Ländern liegen, die Bühne in der
Industriehalle so richtig zum Beben brachten, sendeten alle
Mitwirkenden und die Gäste mit den selbstgestalteten Stoffbeuteln
noch ein klares Zeichen nach außen.
Viele
Besucher*innen schauten beim FrauenKulturFest in der
Industriehalle der vhs Ennepe-Ruhr-Süd vorbei und erfreuten sich an einer
bunten und vielfältigen Angebotspalette an Mitmachaktionen und
musikalischen Highlights, wie zum Beispiel den Auftritt der
Ukrainerin Oleksandra Hovodetska.
„Es
war ein tolles Fest“, gibt Christel Hofschröer die Stimmung bei
Mitwirkenden und Gästen wieder, „so inklusiv, familienfreundlich,
lebendig und verbindend. Alle hatten viel Freude miteinander und der
Spagat zwischen politischer Botschaft, gelebter Solidarität und
Feiern ist gelungen“. „Demokratie lebt vom Mitmachen“ bringt
Iris Baeck die Wirkung des FrauenKulturFestes auf den Punkt.
Diesbezüglich richtet sie auch noch einmal an alle Mitwirkenden
sowie an die Gleichstellungsbeauftragten Ekaterini Delikoura (Ennepe
Ruhr Kreis), Christel Hofschröer (Gevelsberg), Katja Schlünder
(Ennepetal), Anke Steger (Schwelm) und Doreen Reichold (Sprockhövel)
ein großes Dankeschön.
Abschließend
lässt Christel Hofschröer noch wissen, dass das Frauencafé
Gevelsberg zum Internationalen Frauentag zu einer Spendenaktion
aufgerufen hatte, durch die ein Gesamtbetrag in Höhe von 714,- Euro
zusammengekommen sei, mit dem man die Erdbebenopferhilfe von Medico
unterstütze. „Gevelsberg lebt Demokratie!“ André Sicks