Laut
einer Studie blickt die Mehrheit der Jugendlichen zwar optimistisch
in die eigene Zukunft, doch viele junge Menschen sind ebenfalls
geprägt durch Ängste.
Ängste die lähmen und belasten können.
Unsicherheit, Skepsis und
Befürchtungen hinsichtlich ihrer Chancen und Möglichkeiten in
Ausbildung, Beruf und Familie, aber auch der soziale Druck in der
eigenen Alterskohorte lösen häufig Angst und Unsicherheit, nicht
Teil der Gemeinschaft zu sein, aus. Geflüchtete stehen dabei vor
besonderen Herausforderungen. Viele waren auf ihrer Flucht Gefahren
und Entbehrungen ausgesetzt, sind auf der Suche nach einer neuen
Heimat und gleichzeitig auf der Suche nach ihrer Identität. Die
Konfrontation mit Vorurteilen, Rassismus und Ungewissheit schafft
Angst und Unsicherheiten und auch die Sorge, aufgrund der
unterstellten „anderen" Herkunft nie vollständig in
Deutschland akzeptiert und anerkannt zu sein.
40
Jugendliche verschiedenster Herkunft, Religion und Biographie
starteten daher vor sechs Monaten in das gemeinsame Projekt „Aus
Angst wächst Mut“ und nutzten ihre Chance zur individuellen
Weiterentwicklung und Auseinandersetzung mit ihren Ängsten.
Biographisches Schrei-ben, die Entwicklung von eigenen Texten, Liedern
und Szenen, Theaterimprovisation und ein Musikworkshop waren
elementare Bausteine des Projektes. Ebenso wichtig war aber der
Austausch mit Gleichaltrigen und die Entwicklung einer empathischen
und zugewandten Gruppendynamik. Toleranz, Verständnis und
Freundlichkeit für- und miteinander prägten dieses kreative
Projekt.
Am
vergangenen Samstag fand die Premiere des
multimedialen Theaterstückes „Aus Angst wächst Mut“ statt, das
von Dirk Schubert (rechts) und Gandhi Chahine konzipiert wurde.
Bevor
sich die rund
40
Jugendlichen szenarisch mit ihren Ängsten auseinandersetzten, fand
Bürgermeister Claus Jacobi lobende Worte für das Projekt und vor
allem für die engagierte Unterstützung eines großen
innerstädtischen Kooperationsnetzwerkes das im Hintergrund
fungierte.
Bewegende Momente
„Aus
Angst wächst Mut“, so lautet der Titel des multimedialen
Theaterstückes, das von Dirk Schubert und Gandhi Chahine konzipiert
wurde und den Besuchern bei seiner Premiere im filmriss Kino nun
deutlich machte, auf welchen Wegen man Kraft und Optimismus schöpfen
kann, um vermeintliche Ängste, Ausweglosigkeiten und Unsicherheiten
zu bekämpfen. „Jeder von uns, und das beschränkt sich nicht nur
auf Jugendliche, hat Ängste“, sagte Projektleiter Dirk Schubert
kurz vor Beginn der Vorstellung. „Sei es durch Versagen,
Leistungsdruck, Identifikationsfragen, Religion oder sexuelle
Orientierung.“ Er fügte dem hinzu, dass die teilnehmenden
Jugendlichen in Gevelsberg im Laufe der sechs Monate ihre positive
Lebenserfahrungen sehr gut reflektiert hätten, die durch ihr Tun
entstanden sind, und man immer wieder die Schritte aufgeschrieben
habe, die man gegangen sei, um eine positive Wendung zu erreichen.
Begleitet wurden sie dabei übrigens von dem Psychotherapeuten Dr.
Dr. Matthias Hoof, der in einzelnen Workshops, als professioneller
und kompetenter Ansprech-partner für die Jugendlichen ein offenes Ohr
hatte. Über das Erzählen ihrer Geschichte(n) in Texten, Songs und
Theaterszenen wurden sich die jungen Akteure ihrer Lösungsfähigkeiten
bewusst und teilten diese mit den anderen Teilnehmern.
Sie
berichten und erzählen, wie sie Unsicherheiten in Mut umgewandelt,
Kraft und Optimismus geschöpft haben und neue Wege gegangen sind.
Freundschaften, Trennungen, Kriminalität und Drogen, Mobbing und
Ausgrenzung, Sterben und Tod – die Bandbreite der Themen war
bedrückend breit und beeindruckend ehrlich. Jugendliche mit
Migrationshintergrund setzten sich mit ihrer Herkunft und
Familientradition auseinander, andere berichteten von den Wirren des
Krieges in ihrer Heimat, von erlebter Fremdheit, ihrer Flucht und
schwierigen Neuanfängen. Es waren jene Momente, die niemanden kalt
ließen und den Zuschauern unter die Haut gingen. Man spürte
förmlich, welche Bedeutung die geschilderten Begebenheiten für die
jungen Darsteller hatten. Und gerade darin erfüllten die einzelnen
Szenen letztendlich dann auch ihren tieferen Zweck, indem sie nämlich
Mut machten, persönliche Krisen zu überstehen und positiv in die
Zukunft zu blicken.
Die
jungen Menschen erzählten, wie sie ihre Unsicherheiten,
sei es beim
Mobbing in der Schule, auf ihrer waghalsigen Flucht in ein sicheres
Land oder beim Thema Freundschaften,
in Mut umwandelten und dadurch
Kraft und Optimismus schöpften, um neue Wege zu gehen.
Großes Netzwerk stand hinter dem Projekt
Das
Projekt „Aus Angst wächst Mut“ ist ein Projekt des unabhängigen
und gemeinnützigen Instituts HeurekaNet und wurde gefördert vom
Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des
Landes NRW. Die Projektleiter Gandhi Chahine und Dirk Schubert
konnten in Gevelsberg auf die engagierte Unterstützung eines großen
Kooperationsnetzwerkes zählen: Die
Stadtbücherei Gevelsberg, das Büro für Vielfalt und
Zukunftschancen der Stadt Gevelsberg, das Städtische Jugendzentrum
Gevelsberg „Libber", die Türkisch Islamische Gemeinde zu
Gevelsberg e.V., der Integrationsrat der Stadt Gevelsberg, die
Willkommensinitiative Gevelsberg e.V., Mentor – die Leselernhelfer
Gevelsberg e.V. und die Lesefreunde – Förderverein der
Stadtbücherei Gevelsberg e. V., ein lebendiges und kompetentes
kommunales Netzwerk stellte Probenräume, Catering und Unterstützung
bei allen erforderlichen Logistikanforderungen des Projektes zur
Verfügung.
Am
Ende einer großartigen Vorstellung
gab es für das gesamte Ensemble
stehende Ovationen und nicht enden wollender Applaus.
„Gevelsberg
ist eine Stadt, die offen für kulturelle Vielfalt und für neue
Ideen ist“, sagte Bürgermeister Claus Jacobi in seinen herzlichen
Begrüßungsworten. Um dieses tolerante und weltoffene Verständnis
der Bürgerschaft weiterhin zu stärken, sei es enorm wichtig das ein
solch großes innerstädtisches Netzwerk miteinander arbeite. Denn
Vielfalt, Gewaltfreiheit und demokratisches Miteinander sind die
Angelpunkte dafür, dass in Gevelsberg alle Menschen gleich welcher
Nationalität, Herkunft oder Religion friedvoll und ohne jede
Diskriminierung oder Angst zusammen leben können. André Sicks