Mittwoch, 27. März 2019

Aus Angst wächst Mut - Gevelsberger Jugendliche gemeinsam auf der Bühne und gemeinsam gegen die Angst


Laut einer Studie blickt die Mehrheit der Jugendlichen zwar optimistisch in die eigene Zukunft, doch viele junge Menschen sind ebenfalls geprägt durch Ängste.
Ängste die lähmen und belasten können. Unsicherheit, Skepsis und Befürchtungen hinsichtlich ihrer Chancen und Möglichkeiten in Ausbildung, Beruf und Familie, aber auch der soziale Druck in der eigenen Alterskohorte lösen häufig Angst und Unsicherheit, nicht Teil der Gemeinschaft zu sein, aus. Geflüchtete stehen dabei vor besonderen Herausforderungen. Viele waren auf ihrer Flucht Gefahren und Entbehrungen ausgesetzt, sind auf der Suche nach einer neuen Heimat und gleichzeitig auf der Suche nach ihrer Identität. Die Konfrontation mit Vorurteilen, Rassismus und Ungewissheit schafft Angst und Unsicherheiten und auch die Sorge, aufgrund der unterstellten „anderen" Herkunft nie vollständig in Deutschland akzeptiert und anerkannt zu sein. 
40 Jugendliche verschiedenster Herkunft, Religion und Biographie starteten daher vor sechs Monaten in das gemeinsame Projekt „Aus Angst wächst Mut“ und nutzten ihre Chance zur individuellen Weiterentwicklung und Auseinandersetzung mit ihren Ängsten. Biographisches Schrei-ben, die Entwicklung von eigenen Texten, Liedern und Szenen, Theaterimprovisation und ein Musikworkshop waren elementare Bausteine des Projektes. Ebenso wichtig war aber der Austausch mit Gleichaltrigen und die Entwicklung einer empathischen und zugewandten Gruppendynamik. Toleranz, Verständnis und Freundlichkeit für- und miteinander prägten dieses kreative Projekt. 
Am vergangenen Samstag fand die Premiere des multimedialen Theaterstückes „Aus Angst wächst Mut“ statt, das von Dirk Schubert (rechts) und Gandhi Chahine konzipiert wurde. 
Bevor sich die rund 40 Jugendlichen szenarisch mit ihren Ängsten auseinandersetzten, fand Bürgermeister Claus Jacobi lobende Worte für das Projekt und vor allem für die engagierte Unterstützung eines großen innerstädtischen Kooperationsnetzwerkes das im Hintergrund fungierte.

Bewegende Momente 
Aus Angst wächst Mut“, so lautet der Titel des multimedialen Theaterstückes, das von Dirk Schubert und Gandhi Chahine konzipiert wurde und den Besuchern bei seiner Premiere im filmriss Kino nun deutlich machte, auf welchen Wegen man Kraft und Optimismus schöpfen kann, um vermeintliche Ängste, Ausweglosigkeiten und Unsicherheiten zu bekämpfen. „Jeder von uns, und das beschränkt sich nicht nur auf Jugendliche, hat Ängste“, sagte Projektleiter Dirk Schubert kurz vor Beginn der Vorstellung. „Sei es durch Versagen, Leistungsdruck, Identifikationsfragen, Religion oder sexuelle Orientierung.“ Er fügte dem hinzu, dass die teilnehmenden Jugendlichen in Gevelsberg im Laufe der sechs Monate ihre positive Lebenserfahrungen sehr gut reflektiert hätten, die durch ihr Tun entstanden sind, und man immer wieder die Schritte aufgeschrieben habe, die man gegangen sei, um eine positive Wendung zu erreichen. Begleitet wurden sie dabei übrigens von dem Psychotherapeuten Dr. Dr. Matthias Hoof, der in einzelnen Workshops, als professioneller und kompetenter Ansprech-partner für die Jugendlichen ein offenes Ohr hatte. Über das Erzählen ihrer Geschichte(n) in Texten, Songs und Theaterszenen wurden sich die jungen Akteure ihrer Lösungsfähigkeiten bewusst und teilten diese mit den anderen Teilnehmern. 
Sie berichten und erzählen, wie sie Unsicherheiten in Mut umgewandelt, Kraft und Optimismus geschöpft haben und neue Wege gegangen sind. Freundschaften, Trennungen, Kriminalität und Drogen, Mobbing und Ausgrenzung, Sterben und Tod – die Bandbreite der Themen war bedrückend breit und beeindruckend ehrlich. Jugendliche mit Migrationshintergrund setzten sich mit ihrer Herkunft und Familientradition auseinander, andere berichteten von den Wirren des Krieges in ihrer Heimat, von erlebter Fremdheit, ihrer Flucht und schwierigen Neuanfängen. Es waren jene Momente, die niemanden kalt ließen und den Zuschauern unter die Haut gingen. Man spürte förmlich, welche Bedeutung die geschilderten Begebenheiten für die jungen Darsteller hatten. Und gerade darin erfüllten die einzelnen Szenen letztendlich dann auch ihren tieferen Zweck, indem sie nämlich Mut machten, persönliche Krisen zu überstehen und positiv in die Zukunft zu blicken. 
Die jungen Menschen erzählten, wie sie ihre Unsicherheiten, 
sei es beim Mobbing in der Schule, auf ihrer waghalsigen Flucht in ein sicheres Land oder beim Thema Freundschaften, 
in Mut umwandelten und dadurch Kraft und Optimismus schöpften, um neue Wege zu gehen.

Großes Netzwerk stand hinter dem Projekt 
Das Projekt „Aus Angst wächst Mut“ ist ein Projekt des unabhängigen und gemeinnützigen Instituts HeurekaNet und wurde gefördert vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW. Die Projektleiter Gandhi Chahine und Dirk Schubert konnten in Gevelsberg auf die engagierte Unterstützung eines großen Kooperationsnetzwerkes zählen: Die Stadtbücherei Gevelsberg, das Büro für Vielfalt und Zukunftschancen der Stadt Gevelsberg, das Städtische Jugendzentrum Gevelsberg „Libber", die Türkisch Islamische Gemeinde zu Gevelsberg e.V., der Integrationsrat der Stadt Gevelsberg, die Willkommensinitiative Gevelsberg e.V., Mentor – die Leselernhelfer Gevelsberg e.V. und die Lesefreunde – Förderverein der Stadtbücherei Gevelsberg e. V., ein lebendiges und kompetentes kommunales Netzwerk stellte Probenräume, Catering und Unterstützung bei allen erforderlichen Logistikanforderungen des Projektes zur Verfügung.
Am Ende einer großartigen Vorstellung 
gab es für das gesamte Ensemble stehende Ovationen und nicht enden wollender Applaus.

Gevelsberg ist eine Stadt, die offen für kulturelle Vielfalt und für neue Ideen ist“, sagte Bürgermeister Claus Jacobi in seinen herzlichen Begrüßungsworten. Um dieses tolerante und weltoffene Verständnis der Bürgerschaft weiterhin zu stärken, sei es enorm wichtig das ein solch großes innerstädtisches Netzwerk miteinander arbeite. Denn Vielfalt, Gewaltfreiheit und demokratisches Miteinander sind die Angelpunkte dafür, dass in Gevelsberg alle Menschen gleich welcher Nationalität, Herkunft oder Religion friedvoll und ohne jede Diskriminierung oder Angst zusammen leben können. André Sicks