Dienstag, 28. Mai 2024

Auf ein Bierchen ins „Waldschlösschen”

Das Geheimnis um eines der beliebtesten Sammlerstücke
rund um die schrägste Kirmes Europas wurde gelüftet: In diesem Jahr ist es die Gaststätte „Waldschlösschen“, die den Gevelsberger Kirmeskrug ziert. Traditionell vorgestellt wurde er bei der Kirmeskrugfete in der Dortmunder Brinkhoff‘s Brauerei, mit der man gleichzeitig auch die heiße Phase rund um das Kirmesgeschehen einläutete. 
35 Tage vor Beginn der Gevelsberger Kirmes begrüßten der 1. Vorsitzende Markus Loetz und Volker Nagel, Gebietsleiter bei Radeberger Gruppe KG, die Kirmesfreunde zu diesem besonderen Event. Für Loetzi war es eine Freude, dass er diesmal nicht nur in die Gesichter von altverdienten Kirmesurgesteinen schauen durfte, sondern auch in viele neue. Eine gute und lebendige Mischung, die der Tatsache geschuldet war, dass der Vorstand vom GKV im Vorfeld auf seine Krüge verzichtete, um es den Kirmesgruppen zu ermöglichen mit mehr Mitgliedern, vor allem mit mehr jungen Leute, an dieser traditionsreichen Veranstaltung teilzunehmen. 

Nachdem alle dem ersten kühlen „Blonden“ gefrönt hatten und in den kulinarischen Genuss eines herzhaft, saisonalen Buffets von Restaurant-leiterin Nicole Jakat und ihrem Team gekommen waren, hielt der stellver-tretende GKV-Vorsitzende Marc Baron die Laudatio für den 41. Kirmeskrug. 
Da „einige Brauerei-Jungfrauen“ anwesend waren, erläuterte er zu Beginn noch einmal ganz kurz, dass man seit einigen Jahren auf dem Kirmeskrug Orte zeigen würde, die für „das Brauchtum und das Vereinsleben in Gevelsberg“ besonders wichtig seien. Man würde Traditionsgaststätten ehren, die Treffpunkt für Jung und Alt „in unserer Heimatstadt“ sind. Teilweise sind solche Kneipen, wie die ehemalige Gaststätte „Zur Juliushöhe“, Apfelbaum, Glimm, Alt Asbeck, das Hotel „Am Vogelsang“ oder das Papillon, die Vereinslokale von Kirmesgruppen, beliebte Anlaufstellen auf der Kirmes oder Orte, an denen schon so manch eine Kirmesidee entstanden sei. 
Was die Kneipe betraf die den diesjährigen Krug ziert, da machte es Marc Baron spannend und verriet, dass der aktuelle Betreiber sie am Kirmesfreitag 2005 wiedereröffnet hätte. Der Startschuss sei allerdings schon vor über 100 Jahren mit Hugo Heimbeck gefallen. Und schon damals trug sie jenen Namen, der auch noch heute über dem Eingang in der Teichstraße prangt: „Waldschlösschen“.

1930 verpachtete der Eigentümer die Kneipe an den Opa des heutigen Betreibers Fritz Kartenberg. Dessen Großvater Wilhelm Klüsener war Kneipier durch und durch und stand bis zu seinem Tod 1960 hinter dem Tresen. Seine Frau Emmi machte noch etwa ein Jahr alleine weiter, bis sie die Kneipe an Willi Stiel ver-pachtete. Ab 1980 gab es verschie-dene Pächter, am bekanntesten war der Grieche Costa, den alle nur unter seinem Vornamen kannten und der bis zum Ende der 90erJahre die Gäste im „Waldschlösschen“ bewirtete. Ihm folgten Conni und Michael Tsiampalis, die 2004 nicht mehr weitermachen wollten. 
Für Fritz Kartenberg sei dies „rückblickend betrachtet eine glück-liche Fügung“ gewe-sen, wie Marc Baron verlauten ließ. Denn der gelernte Industrie-kaufmann hatte im gleichen Jahr seinen Job verloren und auf dem Arbeitsmarkt war es nicht gerade leicht, eine neue Stelle zu finden. Da das „Waldschlösschen“ mittlerweile der Familie Kartenberg gehörte, es allerdings keinen Pächter hatte, traf er kurzerhand die Entscheidung, die Kneipe selbst zu übernehmen. 
Der Fußboden kam raus, eine neue Theke kam rein, es wurde renoviert und aufgehübscht. Seit fast 20 Jahren steht Fritz Kartenberg nun schon hinterm Tresen und bewirtet seine Gäste. Unterstützung erhält er dabei von seiner Lebensgefährtin Susanne Peralta. Die beiden kennen sich schon ewig. Susanne zog es zwar zunächst in die Großstadt und sie ging Anfang der 80er-Jahre nach Berlin; für ihren Fritz kehrte sie 2013 allerdings wieder zurück in die alte Heimat. „Endlich wieder Zuhause“, wie sie zu Marc Baron bei einem Vorgespräch sagte. Er fügte hinzu, dass die Gäste in der Regel etwas älter seien und man hauptsächlich von Stammkundinnen und Stammkunden lebe, die oft schon seit vielen Jahren kommen und manchmal sogar auch anrufen und sich abmelden, wenn sie es mal nicht schaffen. „Das sind Stammtische oder Sparclubs oder Nachbarn.“ 
Während der Corona-Pandemie hielten die Stammkunden ihrem „Wald-schlösschen“ glücklicherweise die Treue. Für die Wirtsleute war es eine harte Zeit, die sie aber nicht daran hinderte weiter zu machen. Fritz Kartenberg wolle nicht in der Wohnung rumsitzen und Däumchen drehen, so formulierte er es gegenüber Marc Baron. „So lange ich kein eigenes Geld zuschießen muss und ich Lust habe, mache ich weiter“. 

Bei der Kirmeskrugfete konnte er selbst nicht vor Ort sein, da er 50-jähriges Klassentreffen hatte, was schon lange geplant war. „Aber Susanne ist mitgekommen und hat heute extra die Kneipe zugemacht.“
Unter dem Applaus der Gevelsberger Kir-mesfreunde entfernte diese ganz langsam das über dem Objekt der Begierde liegende Tuch und präsentierte der Gesellschaft freu-destrahlend und voller Stolz den Kirmeskrug 2024, auf dem der Künstler Andreas Noß-mann das „Waldschlösschen“ verewigt hatte. 
Eine Gevelsberger Institution in der jeder willkommen ist, wo es stets friedlich zu geht und „echte Freundschaften entstanden sind“, drückte Susanne Peralta ihre Freude aus. „Mit manchen Stammgästen fahren wir auch in den Urlaub!“ Beide betreiben das „Waldschlösschen“ sehr traditionell. Der Fokus liegt auf dem Thekenbetrieb und auf den Getränken. Dazu gibt es aber schon mal Bockwurst und Gulaschsuppe, auf Vorbe-stellung auch Frikadellen mit Kartoffelsalat oder Krustenbraten. Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Sonntag ist jeweils ab 17:00 Uhr geöffnet.
 
So sieht er aus der Kirmeskrug 2024, auf dem der Künstler Andreas Noßmann das Waldschlösschen in der Teichstraße verewigt hat. 

Nach diesem offiziellen Teil und reichlich Gerstensaft ergriff zur spä-teren Stunde Sascha Krupke das Mikrofon und sang live mit einge-spielter Musik Gevelsberger Kirmes-lieder. Eine Krugfete mit großartiger Stimmung durch und durch, bei der sogar Seifenblasen durch den Raum schwebten und die auf der Rückfahrt nach Gevelsberg im Bus ihre Fort-setzung fand. Womit abschließend eigentlich nur noch zu sagen ist: „Ess dä Kiärmis inne Gänge – schmeet ek mie inne Menge.“ In diesem Sinne: „Rupp di Tupp“. 

Den Kirmeskrug 2024 gibt es ab sofort für 22,- Euro bei „Getränke Rehfeld Abholmarkt“ (Hagener Straße 211) zu kaufen.                             André Sicks