die Lichterketten werden gerade aufgehangen.
Auf dem Bauplatz der Kirmesgruppe „Dä vam Lusebrink“ im Loch am
Gierling laufen die Vorbereitungen für das Sommerfest am kommenden
Wochenende auf Hochtouren. Ein besonderes, wie der Ehrenvorsitzende
Alfred Fiedler erzählt, da „wir in diesem Jahr nämlich unser
50-jähriges Bestehen feiern“. Fredi, wie er von allen genannt
wird, sitzt gemeinsam mit Mitbegründer Gustav Reichard auf einer
Bank, beide beobachten sie das Wirken und Werken um sich herum;
schwelgen zugleich aber auch in Erinnerungen. Denn vor ihnen liegen
alte Fotoalben und Dokumente, die auf fünf Jahrzehnte buntes
Kirmestreiben zurückblicken. „Eine Zeit mit Höhen und Tiefen“,
wie sie sagen.
Alles
begann nach dem Kirmeszug 1973 und steht in Verbindung mit dem
ehemaligen Kaufhaus Horten, erzählt Reichard. „Einige
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren von den Darstellungen im Zug
so begeistert, dass sie während der Mittagspause den Wunsch
äußerten, als eigene Kirmesgruppe bei diesem Spok mitzumachen.“
Eine völlig zwanglose Idee, die am 17. Oktober des gleichen Jahres
jedoch Realität wurde. Rund 30 Frauen und Männer, alle vornehmlich
in der Teppichabteilung des Kaufhauses beschäftigt, so erinnert er
sich, hoben im Beisein des geschäftsführenden Vorstands vom
Kirmesverein die 14. Gevelsberger Kirmesgruppe mit der Bezeichnung
„Hortensia“ aus der Taufe. „Auch wenn die meisten keine Ahnung
hatten, wie das mit der Kirmes überhaupt so abläuft.“
Newcomer,
die glücklicherweise in Friseur Edmund Gissel einen erfahrenen
Kirmesfreund fanden, der in diesem Brauchtum zu Hause war und den sie
bei ihrer ersten Jahreshauptversammlung, die am 10. Januar 1974 in
der Gaststätte Menting auf der Juliushöhe stattfand, zum 1.
Vorsitzenden wählten. Wer ihm begegnete, so kann sich Fredi Fiedler
noch gut erinnern, der sagte oftmals: „Da kommt der kleine Mann mit
der Zigarre“. Ihm folgten später auf diesem Posten Sigurd Greven,
Dieter Hoeft, Fiedler selbst, Reinhard Hupka, Fabian Heinemann und
aktuell Ralf Hammacher. Doch
zurück zur Anfangsphase: Es schien bei „Hortensia“ zunächst
alles in Butter zu sein. „Allerdings hatten wir die Rechnung ohne
den Kirmesverein gemacht.“ Gustav Reichard kann sich noch all zu
gut daran erinnern, dass der damalige Vorstand und die anderen
Gruppen „unsere Namensgebung aufgrund der Anlehnung an den
Firmennamen Horten“ ablehnten. Der Grund dafür sei die Tatsache
gewesen, dass es wegen angeblicher Werbung im Kirmesgeschehen bereits
schon einmal Ärger gab. Nach mehreren Diskussionen einigten sich
alle letztlich auf die Bezeichnung „Dä vam Lusebrink“, dem
Standort ihrer Arbeitsstätte.
Fredi
und Gustav können so viel über die Gründungszeit und die
darauffolgenden Jahre berichten. Darüber das man alleine viermal den
Bauplatz (auf dem Gelände der AVU, bei Bauer Mielke an der
Scharlicke, in der Heidestraße und seit 1997 im Loch am Gierling)
wechselte, dass Fredi, obwohl erst 1974 offiziell als Mitglied
anerkannt, von Beginn an mit seinen handwerklichen Fähigkeiten
anpackte, fehlendes Werkzeug von zuhause mitbrachte und beim ersten
Kirmeszug am Steuer des LKW saß, da er der einzige mit einem
Führerschein der Klasse 2 war. Nicht unerwähnt lassen die beiden,
dass die anfängliche Euphorie vieler Mitglieder nach diesem Zug sehr
schnell verflogen war und nur noch echte Kirmesfreunde, allen voran
Gissel, Brauer, Reichard und Fiedler, weitermachten. „Im Laufe der
Jahre erlebten wir ein ständiges auf und ab was die Mitgliederzahlen
betrifft, momentan liegen wir bei 12.“ Wenn sich eines aus all
ihren Erzählungen feststellen lässt, dann ist es die Tatsache, dass
man sich in guten wie in schlechten Zeiten niemals unterkriegen
lässt.
Wenn
Alfred „Fredi“ Fiedler und Mitbegründer Gustav Reichard in die
alten Fotoalben und Dokumente schauen oder sich die Auszeichnungen im
Vereinsheim anschauen, dann werden manche Erinnerungen geweckt, die
auf
ein halbes Jahrhundert Kirmesgeschichte verweisen.
Am
9.
Juni 1974 nahm die neugegründete Kirmesgruppe „Dä vam Lusebrink“
erstmals am Gevelsberger Kirmeszug teil und persiflierte dabei das
neu eingeführte Punktesystem der Verkehrssünderkartei in Flensburg,
das vom Bewertungsausschuss mit dem 13. Platz bedacht wurde.
Besonders
stolz ist man beim Lusebrink jedoch auf die zahlreichen zuerkannten
Sonderpreise für die originellste oder humorvollste Darstellung
sowie auf die fünf 1. Preise für den Einzelgänger. Allein Horst
Brauer, der von 1973 bis 2008 als Kassierer stets die „Kröten“
zusammen hielt, war dabei drei Mal erfolgreich. Bis ins hohe Alter
sorgten seine Darstellungen, beispielsweise als geschröpfter Patient
mit dem Kopf unterm Arm, als Boris Becker oder als halb Frau / halb
Mann, vielfach für Furore. „Horst war, neben Michael „Willi“
Sichelschmidt, einer der besten und stärksten Einzelgänger“,
heben Fiedler und Reichard das Engagement des Lusebrink-Mitbegründers
hervor. Zudem war er auch im Präsidium des Gevelsberger
Kirmesvereins tätig und wurde 1992 zum Ritter
von Hopfen und Malz ernannt. Horst Brauer starb in der Nacht zum
Kirmesmontag, am 27. Juni 2016, im Alter von 86 Jahren. Für die
Kirmesgruppe ein großer Verlust.
Horst
Brauer gehörte nicht nur zu den Mitbegründern der Kirmesgruppe „Dä
vam Lusebrink“, er war ein Charmeur der alten Schule und mit seinen
spontanen, lustigen Ideen, wie zum Beispiel 1985 als Boris Becker,
begeisterte er immer wieder sein Umfeld.