Montag, 22. August 2022

Weltläden aus Gevelsberg und Ennepetal sind bei der Fairen Woche wieder mit am Start

Seit mittlerweile 20 Jahren lädt die Faire Woche im September alle Menschen in Deutschland dazu ein, Veranstaltungen zum Fairen Handel in ihrer Region zu besuchen.
Mit jährlich rund 2.000 Aktionen ist sie damit bundesweit die größte Aktionswoche des Fairen Handels. Auch im südlichen EN-Kreis wird es in diesem Jahr wieder Veranstaltungen von den Weltladenteams aus Gevelsberg und Ennepetal und der vhs Ennepe-Ruhr-Süd geben, die sich mit einem Fairen Handel und globaler Gerechtigkeit beschäftigen und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert werden.
 
Das Motto der Fairen Woche lautet in diesem Jahr „Fair steht dir – #fairhandeln für Menschenrechte weltweit", berichtet Jürgen Nestmann vom Gevelsberger Weltladen. Im Mittelpunkt ständen dabei die menschen-würdigen Arbeitsbedingungen und das nachhaltige Wirtschaften innerhalb der Textil-Lieferkette. Diesbezüglich erinnert er noch einmal kurz an den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch vor knapp neun Jahren, bei dem über 1.100 Menschen starben. Dieses Unglück sei ein Beispiel für die katastrophalen Zustände in den Fabriken der Textilindustrie. Es hätte, seinem Empfinden nach, mit Sicherheit zwar viele Menschen wachgerüttelt und zwischenzeitlich auch einige positive Entwicklungen hervorgebracht, doch „nach wie vor gilt die Textil-Lieferkette immer noch als anfällig für Menschenrechtsverletzungen und Umweltprobleme“. Da man diese Problematik bereits bei zurückliegenden Veranstaltungen angesprochen hat, lässt Jürgen Nestmann wissen, habe man diesmal „drei ganz verschiedene Programmpunkte ausgewählt, die sich, abweichend vom regulären Motto, auf andere Schwerpunkte fokussieren“. Es geht dabei in erster Linie um eine global gerechte Gesundheitsversorgung, den unfairen Welthandel sowie der Problematik, dass Schwarz und deutsch zu sein auch heute noch immer nicht selbstverständlich ist. 

Gemeinsam mit Iris Baeck (Fachbereichsleiterin und stellvertretende Direktorin der vhs Ennepe-Ruhr-Süd, 3.vl.) und den Weltladenteams aus Gevelsberg und Ennepetal stellte Jürgen Nestmann (rechts) das Programm für die diesjährige „Faire Woche“ vor, die gefördert wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“. 

Den Anfang macht am 14. September 2022 die Straßentheatergruppe „Schluck & weg“ der „BUKO Pharma-Kampagne“. Ihr aktuelles Stück setzt sich mit den Folgen von Covid-19 für die Gesundheitsversorgung in Ghana, Südafrika und Peru auseinander und basiert auf einer durchgeführten Landesstudie. Dabei herausgekommen ist das Ergebnis, dass mit dem Virus das Ziel einer global gerechten Gesundheitsversorgung in weite Ferne gerückt ist und bereits bestehende Versorgungslücken weiter vergrößert wurden, berichtet Jürgen Nestmann. Doch Medikamente allein machen Menschen nicht gesünder. In erster Linie sei es die Armut in diesen Ländern, die die Menschen krank macht. Von daher würden die Darsteller von „Schluck & weg“ auch die negativen Folgen wirtschaftlicher Globalisierung thematisieren und zugleich für strukturelle Veränderungen werben, führt er seine Erläuterungen fort. „Mit dem Theaterstück, das im unteren Teil der Fußgängerzone aufgeführt wird, gehen wir erstmals direkt auf die Leute zu.“ Die Theatergruppe, so fügt Iris Baeck, Fach-bereichsleiterin und stellvertretende Direktorin der vhs Ennepe-Ruhr-Süd, ergänzend hinzu, wird ab 15:30 Uhr mit drei bis vier kurzen Auftritten von ca. 20 Minuten zu sehen sein. Das jeweilige Publikum könne sich vor und nach den Auftritten an einem Infotisch über die Inhalte des Stücks, die Arbeit der „BUKO Pharma-Kampagne“ sowie bei der DIA gGmbH über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und die Angebote im neuen Studienjahr der vhs Ennepe-Ruhr-Süd informieren. 
Weiter geht es dann am 20. September 2022 im filmriss Kino. Dort wird um 19:30 Uhr der Dokumentarfilm „Displaced: Tomaten und Profitgier – Ghanas Bauern auf der Flucht" gezeigt. Anschaulich schildert er am Beispiel der Tomatenbäuerin Benedicta, wie durch einen unfairen Welthandel der Tomatenanbau und die -verarbeitung in Ghana zunichte gemacht werden. Denn subventionierte und zu Dumpingpreisen produzierte Waren aus der EU, China und anderen Ländern zerstören in Afrika zahllose Märkte und Existenzen, mahnt Jürgen Nestmann, der selbst schon des Öfteren den Kontinent bereist hat und die dortigen Probleme mit eigenen Augen sehen konnte. 
Mit einer Lesung des Schriftstellers und ehemaligen Verlegers des Peter Hammer Verlag, Hermann Schulz, klingt am 23. September 2022 die hiesige Faire Woche dann aus. Der 1938 in Tansania geborene Sohn eines Missionars liest um 19.30 Uhr im Foyer der vhs Ennepe-Ruhr-Süd aus seinem Buch „Therese – das Mädchen, das mit Krokodilen spielte“. Es sei eine wahre Geschichte, sagt Jürgen Nestmann und erzählt, dass der heute 84-jährige Schulz Therese in einem Supermarkt in Lomé getroffen habe.
„Als die beiden ins Gespräch kamen, stellte sich heraus, dass sie in Wuppertal-Elberfeld geboren wur-de.“ Es folgten lange Gespräche über das abenteuerliche Leben einer Schwarzen in Deutschland, die erst 1933 mit ihrem Bruder zurück in ihre afrika-nische Heimat reiste. Thereses Leben steht für ein fast unbekanntes Kapitel deutscher Kolonialgeschichte. Zu viel möchte Nestmann jedoch nicht verraten. Wer mehr wissen möchte, ist herzlich eingeladen zu kommen. Die Einführung und Moderation, so ergänzte Iris Baeck abschließend, werde Matei Chihaia übernehmen, der als Professor für französische und spanische Literaturwissenschaft an der Bergischen Universität in Wuppertal unterrichtet. 

Alle Details und Informationen sowie eine Anmeldung zu diesen kostenfreien Veranstaltungen sind telefonisch unter +49 (0) 23 32 / 91 86-122, per E-Mail an urbanski@vhs-en-sued.de oder über die Homepage www.vhs-en-sued.com möglich.                                                   André Sicks