rund um die
schrägste Kirmes Europas wurde gelüftet: In
diesem Jahr ist es die
Gaststätte „Waldschlösschen“, die den Gevelsberger Kirmeskrug
ziert. Traditionell vorgestellt wurde er bei der Kirmeskrugfete
in der Dortmunder Brinkhoff‘s Brauerei, mit der man gleichzeitig
auch die heiße Phase rund um das Kirmesgeschehen einläutete. 35
Tage vor Beginn der Gevelsberger Kirmes begrüßten der 1.
Vorsitzende Markus Loetz und Volker Nagel, Gebietsleiter bei
Radeberger Gruppe KG, die Kirmesfreunde zu diesem besonderen Event.
Für Loetzi war es eine Freude, dass er diesmal nicht nur in die
Gesichter von altverdienten Kirmesurgesteinen schauen durfte, sondern
auch in viele neue. Eine
gute und lebendige Mischung, die der Tatsache geschuldet war, dass
der Vorstand vom GKV im Vorfeld auf seine Krüge verzichtete, um es
den Kirmesgruppen zu ermöglichen mit mehr Mitgliedern, vor allem mit
mehr jungen Leute, an dieser traditionsreichen Veranstaltung
teilzunehmen.
Nachdem
alle dem ersten kühlen „Blonden“ gefrönt hatten und in den
kulinarischen Genuss eines herzhaft, saisonalen Buffets von
Restaurant-leiterin Nicole Jakat und ihrem Team gekommen waren, hielt
der stellver-tretende GKV-Vorsitzende Marc Baron die Laudatio für den
41. Kirmeskrug. Da
„einige Brauerei-Jungfrauen“ anwesend waren, erläuterte er zu
Beginn noch einmal ganz kurz, dass man seit einigen Jahren auf dem
Kirmeskrug Orte zeigen würde, die für „das Brauchtum und das
Vereinsleben in Gevelsberg“ besonders wichtig seien. Man würde
Traditionsgaststätten ehren, die Treffpunkt für Jung und Alt „in
unserer Heimatstadt“ sind. Teilweise sind solche Kneipen, wie die
ehemalige Gaststätte „Zur Juliushöhe“, Apfelbaum, Glimm, Alt
Asbeck, das Hotel „Am Vogelsang“ oder das Papillon, die
Vereinslokale von Kirmesgruppen, beliebte Anlaufstellen auf der
Kirmes oder Orte, an denen schon so manch eine Kirmesidee entstanden
sei.
Was
die Kneipe betraf die den diesjährigen Krug ziert, da machte es Marc
Baron spannend und verriet, dass der aktuelle Betreiber sie am
Kirmesfreitag 2005 wiedereröffnet hätte. Der Startschuss sei
allerdings schon vor über 100 Jahren mit Hugo Heimbeck gefallen. Und
schon damals trug sie jenen Namen, der auch noch heute über dem
Eingang in der Teichstraße prangt: „Waldschlösschen“.
1930
verpachtete der Eigentümer die Kneipe an den Opa des heutigen
Betreibers Fritz Kartenberg. Dessen Großvater Wilhelm Klüsener war
Kneipier durch und durch und stand bis zu seinem Tod 1960 hinter dem
Tresen. Seine Frau Emmi machte noch etwa ein Jahr alleine weiter, bis
sie die Kneipe an Willi Stiel ver-pachtete. Ab 1980 gab es
verschie-dene Pächter, am bekanntesten war der Grieche Costa, den
alle nur unter seinem Vornamen kannten und der bis zum Ende der
90erJahre die Gäste im „Waldschlösschen“ bewirtete. Ihm folgten
Conni und Michael Tsiampalis, die 2004 nicht mehr weitermachen
wollten. Für
Fritz Kartenberg sei dies „rückblickend betrachtet eine glück-liche
Fügung“ gewe-sen, wie Marc Baron verlauten ließ. Denn der gelernte
Industrie-kaufmann hatte im gleichen Jahr seinen Job verloren und auf
dem Arbeitsmarkt war es nicht gerade leicht, eine neue Stelle zu
finden. Da das „Waldschlösschen“ mittlerweile der Familie
Kartenberg gehörte, es allerdings keinen Pächter hatte, traf er
kurzerhand die Entscheidung, die Kneipe selbst zu übernehmen.
Der
Fußboden kam raus, eine neue Theke kam rein, es wurde renoviert und
aufgehübscht. Seit fast 20 Jahren steht Fritz Kartenberg nun schon
hinterm Tresen und bewirtet seine Gäste. Unterstützung erhält er
dabei von seiner Lebensgefährtin Susanne Peralta. Die beiden kennen
sich schon ewig. Susanne zog es zwar zunächst in die Großstadt und
sie ging Anfang der 80er-Jahre nach Berlin; für ihren Fritz kehrte
sie 2013 allerdings wieder zurück in die alte Heimat. „Endlich
wieder Zuhause“, wie sie zu Marc Baron bei einem Vorgespräch
sagte. Er fügte hinzu, dass die Gäste in der Regel etwas älter
seien und man hauptsächlich von Stammkundinnen und Stammkunden lebe,
die oft schon seit vielen Jahren kommen und manchmal sogar auch
anrufen und sich abmelden, wenn sie es mal nicht schaffen. „Das
sind Stammtische oder Sparclubs oder Nachbarn.“
Während
der Corona-Pandemie hielten die Stammkunden ihrem „Wald-schlösschen“
glücklicherweise die Treue. Für die Wirtsleute war es eine harte
Zeit, die sie aber nicht daran hinderte weiter zu machen. Fritz
Kartenberg wolle nicht in der Wohnung rumsitzen und Däumchen drehen,
so formulierte er es gegenüber Marc Baron. „So lange ich kein
eigenes Geld zuschießen muss und ich Lust habe, mache ich weiter“.
Bei
der Kirmeskrugfete konnte er selbst nicht vor Ort sein, da er
50-jähriges Klassentreffen hatte, was schon lange geplant war. „Aber
Susanne ist mitgekommen und hat heute extra die Kneipe zugemacht.“
Unter dem Applaus der Gevelsberger Kir-mesfreunde entfernte diese ganz
langsam das über dem Objekt der Begierde liegende Tuch und
präsentierte der Gesellschaft freu-destrahlend und voller Stolz den
Kirmeskrug 2024, auf dem der Künstler Andreas Noß-mann das
„Waldschlösschen“ verewigt hatte.
Eine
Gevelsberger Institution in der jeder willkommen ist, wo es stets
friedlich zu geht und „echte Freundschaften entstanden sind“,
drückte Susanne Peralta ihre Freude aus. „Mit manchen Stammgästen
fahren wir auch in den Urlaub!“ Beide betreiben das
„Waldschlösschen“ sehr traditionell. Der Fokus liegt auf dem
Thekenbetrieb und auf den Getränken. Dazu gibt es aber schon mal
Bockwurst und Gulaschsuppe, auf Vorbe-stellung auch Frikadellen mit
Kartoffelsalat oder Krustenbraten. Mittwoch, Donnerstag, Freitag und
Sonntag ist jeweils ab 17:00 Uhr geöffnet.
So sieht er aus der Kirmeskrug 2024, auf dem der Künstler Andreas Noßmann das „Waldschlösschen“ in der Teichstraße verewigt hat.
Nach
diesem offiziellen Teil und reichlich
Gerstensaft ergriff zur spä-teren Stunde Sascha Krupke das Mikrofon
und sang live mit einge-spielter Musik Gevelsberger Kirmes-lieder. Eine
Krugfete mit großartiger Stimmung durch und durch, bei
der sogar Seifenblasen durch den Raum schwebten und die auf der
Rückfahrt nach Gevelsberg im Bus ihre Fort-setzung fand. Womit
abschließend eigentlich nur noch zu sagen ist: „Ess
dä Kiärmis inne Gänge – schmeet ek mie inne Menge.“
In diesem Sinne: „Rupp di Tupp“.
Den
Kirmeskrug 2024 gibt es ab sofort für 22,- Euro bei „Getränke
Rehfeld Abholmarkt“ (Hagener Straße 211) zu kaufen. André Sicks